Thursday, August 11. 2011
Die „China Study“ und die Unkritischen
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Super säkularer sachlicher Kommentar!!, Gratulation!!
Vegane Grüße aus Wien
--
Erwin Lengauer, Mag.
Assistent der FEWD - http://ethik.univie.ac.at
Institut für Philosophie der Universität Wien
Universitätsstrasse 7, Stock 3
A-1010 Wien/Vienna, Austria/Europe
Tel: 0043 (0)6763572671
Erwin.lengauer@univie.ac.at
http://ethik.univie.ac.at/lengauer
Editor http://philpapers.org/browse/animal-ethics
Blog: http://www.bioweinverkostung.at
http://www.topvegetarianrestaurants.net
Vegane Grüße aus Wien
--
Erwin Lengauer, Mag.
Assistent der FEWD - http://ethik.univie.ac.at
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Erwin.lengauer@univie.ac.at
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Ich habe zu den Beweggründen Campbells eine Frage. Warum sollte er falsche Angaben machen? Das entzieht sich mir jeglichem Verständis. Was hätte er davon? Im Gegensatz zu Wissenschaftlern, die das Gegenteil behaupten, siehe Bestechungsgelder der Milch- und Fleischindustrie? Wer sagt, dass diese Studien nicht gefälscht sind?
Ich habe nicht über seine Beweggründe spekuliert und auch nicht behauptet, er würde falsche Angaben machen. Ich wies nur darauf hin, dass man sein Vorgehen zweifelhaft finden kann, da er u.a. mit seinen Daten selektiv umgeht, Statistiken nicht bereinigt (eigentlich ein Standardverfahren), Quellen nicht genau liest und kausale Zusammenhänge simplifiziert.
Was er davon hat, ist eine Eindeutigkeit. Ein eindeutiges Problem und eine eindeutige und einfache Lösung.
Dass die Gegenseite wissenschaftlicher vorgehen würde, habe ich auch nicht gesagt. Vielmehr habe solche Organisationen (wie die "Weston Price Foundation") an anderer Stelle (z.B. im antiSpe-Forum) noch schärfer kritisiert. Nur macht deren Fehlverhalten die Ungereimtheiten bei Campbell nicht richtig.
Was er davon hat, ist eine Eindeutigkeit. Ein eindeutiges Problem und eine eindeutige und einfache Lösung.
Dass die Gegenseite wissenschaftlicher vorgehen würde, habe ich auch nicht gesagt. Vielmehr habe solche Organisationen (wie die "Weston Price Foundation") an anderer Stelle (z.B. im antiSpe-Forum) noch schärfer kritisiert. Nur macht deren Fehlverhalten die Ungereimtheiten bei Campbell nicht richtig.
Kann mich Erwin Lengauer nur anschließen, sehr gelungener Artikel
Mich würde an der Stelle aber interessieren, ob Campbell eine Aussage bzgl. Fußnote 1 (er sammle Daten nur um seine Theorien zu beweisen) auch im Buch selbst gemacht hat (?). Mir fiel bis jetzt nichts dergleichen auf.
Dafür hatte ich in Kapitel 1 ständig den Eindruck, dass er sich gebetsmühlenartig wiederholt, weswegen ich mir nicht sicher bin, ob ich das Buch Familie und Freunden wirklich empfehlen soll, da ich auch das Gefühl habe, es wäre der Argumentation für Veganismus eher abträglich (oder würde zumindest einen etwas unprofessionellen Eindruck machen..)
Zum Artikel: Ich freu' mich immer, wenn jemand keine falsche Feigheit vor dem Freunde hat und deshalb fähig ist, jene zu kritisieren die eigentlich das gleiche Ziel haben wie man selbst. Danke für den bereichernden Text. Beste Grüße
Mich würde an der Stelle aber interessieren, ob Campbell eine Aussage bzgl. Fußnote 1 (er sammle Daten nur um seine Theorien zu beweisen) auch im Buch selbst gemacht hat (?). Mir fiel bis jetzt nichts dergleichen auf.
Dafür hatte ich in Kapitel 1 ständig den Eindruck, dass er sich gebetsmühlenartig wiederholt, weswegen ich mir nicht sicher bin, ob ich das Buch Familie und Freunden wirklich empfehlen soll, da ich auch das Gefühl habe, es wäre der Argumentation für Veganismus eher abträglich (oder würde zumindest einen etwas unprofessionellen Eindruck machen..)
Zum Artikel: Ich freu' mich immer, wenn jemand keine falsche Feigheit vor dem Freunde hat und deshalb fähig ist, jene zu kritisieren die eigentlich das gleiche Ziel haben wie man selbst. Danke für den bereichernden Text. Beste Grüße
auf so einen artikel hab ich gewartet. danke (auch an Hannes B. für den link)!
Der Satz ist leider völlig falsch: „Wie er selbst sagt,1 sammelte er die vielen Daten nicht, um mit ihrer Hilfe Schlussfolgerungen zu ziehen, sondern um seine Theorien, die für ihn bereits feststanden, zu beweisen – eine wissenschaftlich unredliche Vorgehensweise.“
Erstens hat er das so nicht gesagt.
Zweitens ist es zwar nicht möglich, Kausalitätsthesen mittels statistischer Bevölkerungsdatenauswertung zu überprüfen (wohl aber Korrelationsthesen). Das ließe sich nur per Versuch mit Vergleichsgruppe(n) erreichen. Noch weniger möglich ist es aber, ohne vorherige Aufstellung von Thesen mit Daten gleich welcher Art (also auch mit Versuch) _irgendwelche_ Thesen zu prüfen. Also das „nachträgliche Schlüsseziehen“ ist unwissenschaftlich, nicht das vorherige Aufstellen von Thesen. Das ist vielmehr notwendig, um überhaupt irgendwelche wissenschaftlichen Schlüsse aus Daten ziehen zu können. Ein Grundkurs in Wahrscheinlichkeitslehre wird das erklären.
Was man mit Datenbergen, aus denen sich Korrelationen lesen lassen, machen kann, ist: Thesen aufstellen, die man hinterher _mit anderen Daten_ (z.B. mittels Versuch mit Vergleichsgruppe oder auch, wenn es sich nur um Korrelationsthesen handelt, mit weiteren Sampledaten) überprüft. Genau das meint auch Campbell, als er über die Reduktionisten schreibt.
Thesen kann man aber auch jederzeit einfach so aufstellen. _Dieser_ Teil seiner Abkürzung ist nicht problematisch.
Campbell arbeitet, soweit es um Korrelationen geht, sogar weit sauberer als die meisten Sozialwissenschaftler_innen, die zufällig gefundene Korrelationen in beliebigen Samples für Belege dafür halten, dass jene Größen allgemein korrelieren – entgegen jeder Wahrscheinlichkeit.
Problematisch ist nur, dass Campbell meint, wegen seiner komplexen (Vorab-)Thesen auch irgendwelche Kausalitätsschlüsse ziehen zu können. Das geht weder vorher noch nachher. Das geht nur im Versuch mit Vergleichsgruppe(n).
Erstens hat er das so nicht gesagt.
Zweitens ist es zwar nicht möglich, Kausalitätsthesen mittels statistischer Bevölkerungsdatenauswertung zu überprüfen (wohl aber Korrelationsthesen). Das ließe sich nur per Versuch mit Vergleichsgruppe(n) erreichen. Noch weniger möglich ist es aber, ohne vorherige Aufstellung von Thesen mit Daten gleich welcher Art (also auch mit Versuch) _irgendwelche_ Thesen zu prüfen. Also das „nachträgliche Schlüsseziehen“ ist unwissenschaftlich, nicht das vorherige Aufstellen von Thesen. Das ist vielmehr notwendig, um überhaupt irgendwelche wissenschaftlichen Schlüsse aus Daten ziehen zu können. Ein Grundkurs in Wahrscheinlichkeitslehre wird das erklären.
Was man mit Datenbergen, aus denen sich Korrelationen lesen lassen, machen kann, ist: Thesen aufstellen, die man hinterher _mit anderen Daten_ (z.B. mittels Versuch mit Vergleichsgruppe oder auch, wenn es sich nur um Korrelationsthesen handelt, mit weiteren Sampledaten) überprüft. Genau das meint auch Campbell, als er über die Reduktionisten schreibt.
Thesen kann man aber auch jederzeit einfach so aufstellen. _Dieser_ Teil seiner Abkürzung ist nicht problematisch.
Campbell arbeitet, soweit es um Korrelationen geht, sogar weit sauberer als die meisten Sozialwissenschaftler_innen, die zufällig gefundene Korrelationen in beliebigen Samples für Belege dafür halten, dass jene Größen allgemein korrelieren – entgegen jeder Wahrscheinlichkeit.
Problematisch ist nur, dass Campbell meint, wegen seiner komplexen (Vorab-)Thesen auch irgendwelche Kausalitätsschlüsse ziehen zu können. Das geht weder vorher noch nachher. Das geht nur im Versuch mit Vergleichsgruppe(n).
Sicher hat er das nicht wörtlich gesagt. Er sagte "we start with explanatory models that represent the inherent complexity of nutrition and is accompanied by biological plausibility, then it is fair to look for supportive evidence among a collection of correlations". Mit "vorher feststehenden Thesen" meine ich seine "explanatory models" und was er als "biological plausibility" ansieht.
Das vorherige Aufstellen von Thesen ist unwissenschaftlich. Du meinst sicher das Aufstellen von Hypothesen. Ich hätte zugegebenermaßen dazuschreiben sollen, dass ich diesen Unterschied hier beachte.
Dass andere noch unsauberer arbeiten, kann ja sein, macht sein Vorgehen aber nicht besser.
Das Problem sind auch nicht die Vergleichsgruppen. Er vergleich die chinesischen Daten ja mit denen westlicher Nationen. Das Problem ist (u.a.), dass die Ursachen für diese Daten auf Faktoren beruhen, die er nicht berücksichtigt. Das tut er nicht, weil er (u.a.) das Zutreffen seiner Thesen oder Modelle als gegeben ansieht. Er führt bspw. das Auftreten verschiedener Krankheiten auf die Ernährung zurück, weil er es als gegeben ansieht, diese Krankheiten würden wesentlich durch die Ernährung verursacht (nicht etwa, wie wahrscheinlicher, durch eine Vielzahl anderer Faktoren).
Das vorherige Aufstellen von Thesen ist unwissenschaftlich. Du meinst sicher das Aufstellen von Hypothesen. Ich hätte zugegebenermaßen dazuschreiben sollen, dass ich diesen Unterschied hier beachte.
Dass andere noch unsauberer arbeiten, kann ja sein, macht sein Vorgehen aber nicht besser.
Das Problem sind auch nicht die Vergleichsgruppen. Er vergleich die chinesischen Daten ja mit denen westlicher Nationen. Das Problem ist (u.a.), dass die Ursachen für diese Daten auf Faktoren beruhen, die er nicht berücksichtigt. Das tut er nicht, weil er (u.a.) das Zutreffen seiner Thesen oder Modelle als gegeben ansieht. Er führt bspw. das Auftreten verschiedener Krankheiten auf die Ernährung zurück, weil er es als gegeben ansieht, diese Krankheiten würden wesentlich durch die Ernährung verursacht (nicht etwa, wie wahrscheinlicher, durch eine Vielzahl anderer Faktoren).
Die Unterscheidung zwischen These und Hypothese ist (in dem Zusammenhang) Wortklauberei. Es ist nicht unwissenschaftlich, beim Aufstellen einer Hypothese eine eigene Vermutung zu haben. Dadurch wird daraus eine These.
Wenn Campbell z.B. vorab die These aufgestellt hätte, die Aufnahme von tierischen Proteinen würde mit der Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen korrelieren, hätte er diese These durchaus mit den Daten stützen können. Sein Vorgehen hätte sich nicht wirklich von dem nach bloßer (gleichlautender) Nullhypothese unterschieden. (Wissenschaft ohne Bias gibt es nicht.)
Er macht aber Kausalitätsaussagen und meint, diese könne er treffen, weil er vorab komplex erklärende Modelle aufgestellt hätte. Tatsächlich müsste er dazu aber "reduzieren", d.h. entweder zwei Populationen finden, die sich wirklich nur in der jeweils untersuchten Eigenschaft (z.B. "Konsum tierischer Eiweiße") unterscheiden bzw. bei denen sich alle anderen Unterschiede herausrechnen lassen (ein Ding der Unmöglichkeit) oder eben: per Versuch mit Vergleichsgruppe.
Vergleichsgruppen sind eben dazu da, alle Eigenschaften außer den untersuchten gleich zu halten. Nur dann lässt sich klären, ob die Veränderung der untersuchten Eigenschaft "Tierproteinkonsum" wirklich ursächlich für eine Veränderung der Eigenschaft "Herzkreislauferkrankungsneigung" ist.
Wenn Campbell z.B. vorab die These aufgestellt hätte, die Aufnahme von tierischen Proteinen würde mit der Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen korrelieren, hätte er diese These durchaus mit den Daten stützen können. Sein Vorgehen hätte sich nicht wirklich von dem nach bloßer (gleichlautender) Nullhypothese unterschieden. (Wissenschaft ohne Bias gibt es nicht.)
Er macht aber Kausalitätsaussagen und meint, diese könne er treffen, weil er vorab komplex erklärende Modelle aufgestellt hätte. Tatsächlich müsste er dazu aber "reduzieren", d.h. entweder zwei Populationen finden, die sich wirklich nur in der jeweils untersuchten Eigenschaft (z.B. "Konsum tierischer Eiweiße") unterscheiden bzw. bei denen sich alle anderen Unterschiede herausrechnen lassen (ein Ding der Unmöglichkeit) oder eben: per Versuch mit Vergleichsgruppe.
Vergleichsgruppen sind eben dazu da, alle Eigenschaften außer den untersuchten gleich zu halten. Nur dann lässt sich klären, ob die Veränderung der untersuchten Eigenschaft "Tierproteinkonsum" wirklich ursächlich für eine Veränderung der Eigenschaft "Herzkreislauferkrankungsneigung" ist.
Er stellt nicht die These auf, dass es korreliert (das erhält er aus seinen Daten), sondern dass es eine Kausalbeziehung gebe. Und mir will nicht einleuchten, inwiefern es wissenschaftlich zulässig sei, Korrelationen aufgrund schiefer, weil einseitiger Daten als Beweis für eine Kausalbeziehung, die auf fragwürdigen Grundlagen beruht, anzuerkennen. Er hätte aus seinen Daten schlussfolgern können, dass man dem Zusammenhang zwischen Ernährung und Krankheiten weiter nachgehen sollte, aber nicht, es gäbe den Beweis, tierliches Protein sei die Hauptursache für genannte Krankheiten.
Dass das Problem darin liegt, dass er eben Kausalbeziehungen mit Daten zu belegen versucht, die nur Korrelationen belegen könn(t)en, schreibe ich doch. Und ebenso, dass es daher weiterer Untersuchungen bedürfte, nämlich solcher, in denen direkt die Beziehung zwischen mutmaßlicher Ursache und Wirkung untersucht würde, was gewöhnlich nicht anders geht als per Versuch mit (in allen anderen Eigenschaften übereinstimmender) Vergleichsgruppe. Es sei denn, man kann aus (hinreichend großen) Samples den Einfluss aller anderen Größen herausrechnen, was zwar oft versucht wird, aber selten wirklich sauber geschieht.
Cheers …
Cheers …