Sunday, March 20. 2011
Vegane Klischees vs. Realität
Klischees und Stereotypen über Veganer gibt es viele. Veganer seien schlapp, blass und kränklich; humorlos und unzufrieden. Dass diese Klischees nicht stimmen, weiß jeder, der Veganer auch persönlich kennt. Nun gibt es darüberhinaus eine Statistik, die solche Klischees zu widerlegen hilft.
Dr. Janice Stanger hat für ihre Studie1 2.068 Veganer aus den USA, Kanada, Australien, Großbritannien und anderen Ländern, darunter elf Personen aus Deutschland, befragt. Die Themen waren neben anderen das Wohlbefinden der Veganer, ihre Zufriedenheit mit dem Veganismus und ihre Selbsteinschätzung in unterschiedlichen Bereichen. Die Ergebnisse unterstützen die Vermutung, dass Veganer-Klischees das sind, was sie sind: Klischees. Hier einige Beispiele.
Veganer sind blass, schwach und kränklich
Dass Veganismus gesund ist, belegen Studien und Meta-Studien, wie die der ADA, sowie der empirische Fakt langjähriger, völlig gesunder Veganer, inklusive veganer Kinder. Die Ergebnisse von Stangers Studie zeigen, dass sich das auch bemerkbar macht. 68,6% der Befragten sagten aus, dass sich ihre Gesundheit seit der Umstellung verbessert habe. 26,1% waren bereits zuvor sehr gesund und gaben an, dass ihre Gesundheit auf dem gleichen Niveau geblieben sei. Negative gesundheitliche Erfahrungen gemacht zu haben, gaben nur 1,6% an.
Ob Veganer auch wirklich gesünder sind oder sich nur so fühlen, kann diese Befragung nicht beantworten. Das war, muss man jedoch auch anmerken, auch nicht das Ziel. Stanger leitet daraus ab, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass Veganismus sehr ungesund sei, wenn es viele positive Reaktionen gibt.
Vegane Ernährung ist eintönig und langweilig
Dass Veganer Menschen wären, die tapfer ihr Körnermüsli herunterwürgen, um etwas Gutes zu tun, wird selbst von Personen, die Veganismus ablehnend gegenüberstehen, nicht mehr geglaubt. Dieses Klischee war vielleicht vor zwanzig Jahren aktuell. Wenig überraschend ist es daher, dass 96,7% angeben, ihr veganes Essen zu genießen und nicht etwa den Tierprodukten nachtrauern, auf die sie "verzichten müssen", wie die gängig Formulierung lautet. (Richtig wäre: die sie vermeiden.)
Unter Veganern ist außerdem bekannt, dass sich viele durch ihren Veganismus bewusster dem Essen selbst bzw. der Essenszubereitung zugewendet haben. In der Studie geben 73,4% der Personen an, häufiger selbst zu kochen und mehr Gefallen am Kochen zu finden, seit sie vegan geworden sind.
Veganismus ist schwierig
Klischees von Veganern gibt es auch bei Tierschützern und Reformisten. Diese meinen, man solle für Vegetarismus statt Veganismus werben, weil Veganismus "zu schwierig" sei und die Menschen "überfordern" würde. Nicht nur sei es schwierig, sie zum Veganismus zu bringen, sie würden auch nach einiger Zeit wieder damit aufhören, vegan zu leben. Doch weder das Veganwerden, noch das Veganbleiben ist schwierig oder wird so wahrgenommen.
Dass vegan zu werden sehr aufwändig sei, fanden nur 10,3% der Befragten. Für den größten Teil (64,5%) bedeutete es nur etwas Aufwand und für 24,9% war es gar gänzlich ohne Aufwand. Vegan zu bleiben ist folglich noch einfacher. Das ist laut der Befragung für 61,2% mühelos und für 35,6% mit nur etwas Aufwand verbunden. Großen Aufwand bedeutet es für gerade einmal 3,2%. Dementsprechend gaben 94,4% an, sie wollten für den Rest ihres Lebens die vegane Ernährung beibehalten.
Einer der Veganer sagte in diesem Zusammenhang:
Ethisches Essen
Interessant sind auch andere Fakten, die bei der Studie erhoben wurden. Zum Beispiel, welche Reaktionen die befragten Veganer bekommen, wenn sie anderen sagen, dass sie vegan sind. Negative Reaktionen sind insgesamt seltener vertreten. "Feindselige Reaktionen" erlebten 32,2% und "Versuche, diese Person zum Konsum von Tierprodukten zu bringen" 29,9%. Überwiegend sind die positiven Reaktionen. Darunter Neugier (bei 81,2%), Angebote zur Unterstützung des Veganismus (36,2%), Bewunderung (31,0%), Akzeptanz (24,4%) und Freundlichkeit (9,9%).
Die Hauptmotivation, vegan zu werden, sind hier, wie auch durch andere Untersuchungen nahe gelegt wird, ethische Gründe (für 63,1%). Dagegen ist die Gesundheit, die bei reinen Ernährungsformen meist die Hauptmotivation darstellt, hier zwar der zweitwichtigste Grund, aber mit 22,5% recht abgeschlagen. Die ethische Motivation verstärkt sich noch, wenn die Personen vegan geworden sind. Dann ist für 90,4% das Leid der Tiere zu verringern ein "sehr wichtiger" Faktor vegan zu bleiben.
Aber: Veganismus ist keine Ernährungsform
Negativ fällt jedoch auf, dass von der Studie bisher nur die Endergebnisse online gestellt wurden. Es fehlen Angaben zur Überprüfbarkeit, so z.B., ob bzw. wie viele Personen angaben, vegan zu sein, es aber nicht waren (sondern trotzdem Tierprodukte konsumierten). Für solche Fehlangaben kann man die Wissenschaftler nicht verantwortlich machen, aber es wäre wichtig gewesen zu wissen, ob Überprüfungsfragen gestellt und solche Personen wieder aussortiert wurden oder mit einbezogen.
Ein wenig irritierend sind auch einige Formulierungen wie "rein pflanzliche Ernährung" – wobei dagegen auch mehrmals "vegane Ernährung" verwendet wird. Einheitlichkeit (zugunsten der zweiten Formulierung) wäre wünschenswert. Zudem wäre es vorteilhaft gewesen, die Studie gleich auf den gesamten Veganismus auszudehnen und nicht nur die Ernährungsseite zu beschränken. Die Ergebnisse wären vermutlich teilweise etwas anders ausgefallen, z.B. hinsichtlich der Motivation, die bei Veganern ausschießlich ethisch ist, während nur Veganköstler gesundheitlich motiviert sind. Unerheblich ist dagegen, dass Veganismus sich zu Gewichtsabnahme eignet, wie hier auch herausgestellt wird. Dies hängt außerdem von der konkreten Ernährungsweise ab, denn Veganismus ist keine Verpflichtung zu fettarmer Ernährung und sportlicher Aktivität, auch wenn dies häufiger der Fall ist als beim unveganen Durchschnitt.
Dennoch wurde ein Beitrag geleistet, Klischees zu begegnen. Denn in der Realität, fühlen sich Veganer gesund (und sind es meist auch), mögen ihr Essen und finden Veganismus kaum aufwändiger als Unveganismus. Und das, obwohl Veganismus in einer unveganen Gesellschaft nicht gerade gefördert wird.
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Nachweise
1 Janice Stanger: Vegan from the inside, http://perfectformuladiet.com/resources/vegan-from-the-inside/ [14.03.2011].
Dr. Janice Stanger hat für ihre Studie1 2.068 Veganer aus den USA, Kanada, Australien, Großbritannien und anderen Ländern, darunter elf Personen aus Deutschland, befragt. Die Themen waren neben anderen das Wohlbefinden der Veganer, ihre Zufriedenheit mit dem Veganismus und ihre Selbsteinschätzung in unterschiedlichen Bereichen. Die Ergebnisse unterstützen die Vermutung, dass Veganer-Klischees das sind, was sie sind: Klischees. Hier einige Beispiele.
Veganer sind blass, schwach und kränklich
Dass Veganismus gesund ist, belegen Studien und Meta-Studien, wie die der ADA, sowie der empirische Fakt langjähriger, völlig gesunder Veganer, inklusive veganer Kinder. Die Ergebnisse von Stangers Studie zeigen, dass sich das auch bemerkbar macht. 68,6% der Befragten sagten aus, dass sich ihre Gesundheit seit der Umstellung verbessert habe. 26,1% waren bereits zuvor sehr gesund und gaben an, dass ihre Gesundheit auf dem gleichen Niveau geblieben sei. Negative gesundheitliche Erfahrungen gemacht zu haben, gaben nur 1,6% an.
Ob Veganer auch wirklich gesünder sind oder sich nur so fühlen, kann diese Befragung nicht beantworten. Das war, muss man jedoch auch anmerken, auch nicht das Ziel. Stanger leitet daraus ab, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass Veganismus sehr ungesund sei, wenn es viele positive Reaktionen gibt.
Vegane Ernährung ist eintönig und langweilig
Dass Veganer Menschen wären, die tapfer ihr Körnermüsli herunterwürgen, um etwas Gutes zu tun, wird selbst von Personen, die Veganismus ablehnend gegenüberstehen, nicht mehr geglaubt. Dieses Klischee war vielleicht vor zwanzig Jahren aktuell. Wenig überraschend ist es daher, dass 96,7% angeben, ihr veganes Essen zu genießen und nicht etwa den Tierprodukten nachtrauern, auf die sie "verzichten müssen", wie die gängig Formulierung lautet. (Richtig wäre: die sie vermeiden.)
Unter Veganern ist außerdem bekannt, dass sich viele durch ihren Veganismus bewusster dem Essen selbst bzw. der Essenszubereitung zugewendet haben. In der Studie geben 73,4% der Personen an, häufiger selbst zu kochen und mehr Gefallen am Kochen zu finden, seit sie vegan geworden sind.
Veganismus ist schwierig
Klischees von Veganern gibt es auch bei Tierschützern und Reformisten. Diese meinen, man solle für Vegetarismus statt Veganismus werben, weil Veganismus "zu schwierig" sei und die Menschen "überfordern" würde. Nicht nur sei es schwierig, sie zum Veganismus zu bringen, sie würden auch nach einiger Zeit wieder damit aufhören, vegan zu leben. Doch weder das Veganwerden, noch das Veganbleiben ist schwierig oder wird so wahrgenommen.
Dass vegan zu werden sehr aufwändig sei, fanden nur 10,3% der Befragten. Für den größten Teil (64,5%) bedeutete es nur etwas Aufwand und für 24,9% war es gar gänzlich ohne Aufwand. Vegan zu bleiben ist folglich noch einfacher. Das ist laut der Befragung für 61,2% mühelos und für 35,6% mit nur etwas Aufwand verbunden. Großen Aufwand bedeutet es für gerade einmal 3,2%. Dementsprechend gaben 94,4% an, sie wollten für den Rest ihres Lebens die vegane Ernährung beibehalten.
Einer der Veganer sagte in diesem Zusammenhang:
Das einzige, was ich bereue, seit ich vegan geworden bin, ist, dass ich es nicht früher geworden bin. Ich mag es und es ist einfacher, als ich gedacht hätte.
Ethisches Essen
Interessant sind auch andere Fakten, die bei der Studie erhoben wurden. Zum Beispiel, welche Reaktionen die befragten Veganer bekommen, wenn sie anderen sagen, dass sie vegan sind. Negative Reaktionen sind insgesamt seltener vertreten. "Feindselige Reaktionen" erlebten 32,2% und "Versuche, diese Person zum Konsum von Tierprodukten zu bringen" 29,9%. Überwiegend sind die positiven Reaktionen. Darunter Neugier (bei 81,2%), Angebote zur Unterstützung des Veganismus (36,2%), Bewunderung (31,0%), Akzeptanz (24,4%) und Freundlichkeit (9,9%).
Die Hauptmotivation, vegan zu werden, sind hier, wie auch durch andere Untersuchungen nahe gelegt wird, ethische Gründe (für 63,1%). Dagegen ist die Gesundheit, die bei reinen Ernährungsformen meist die Hauptmotivation darstellt, hier zwar der zweitwichtigste Grund, aber mit 22,5% recht abgeschlagen. Die ethische Motivation verstärkt sich noch, wenn die Personen vegan geworden sind. Dann ist für 90,4% das Leid der Tiere zu verringern ein "sehr wichtiger" Faktor vegan zu bleiben.
Aber: Veganismus ist keine Ernährungsform
Negativ fällt jedoch auf, dass von der Studie bisher nur die Endergebnisse online gestellt wurden. Es fehlen Angaben zur Überprüfbarkeit, so z.B., ob bzw. wie viele Personen angaben, vegan zu sein, es aber nicht waren (sondern trotzdem Tierprodukte konsumierten). Für solche Fehlangaben kann man die Wissenschaftler nicht verantwortlich machen, aber es wäre wichtig gewesen zu wissen, ob Überprüfungsfragen gestellt und solche Personen wieder aussortiert wurden oder mit einbezogen.
Ein wenig irritierend sind auch einige Formulierungen wie "rein pflanzliche Ernährung" – wobei dagegen auch mehrmals "vegane Ernährung" verwendet wird. Einheitlichkeit (zugunsten der zweiten Formulierung) wäre wünschenswert. Zudem wäre es vorteilhaft gewesen, die Studie gleich auf den gesamten Veganismus auszudehnen und nicht nur die Ernährungsseite zu beschränken. Die Ergebnisse wären vermutlich teilweise etwas anders ausgefallen, z.B. hinsichtlich der Motivation, die bei Veganern ausschießlich ethisch ist, während nur Veganköstler gesundheitlich motiviert sind. Unerheblich ist dagegen, dass Veganismus sich zu Gewichtsabnahme eignet, wie hier auch herausgestellt wird. Dies hängt außerdem von der konkreten Ernährungsweise ab, denn Veganismus ist keine Verpflichtung zu fettarmer Ernährung und sportlicher Aktivität, auch wenn dies häufiger der Fall ist als beim unveganen Durchschnitt.
Dennoch wurde ein Beitrag geleistet, Klischees zu begegnen. Denn in der Realität, fühlen sich Veganer gesund (und sind es meist auch), mögen ihr Essen und finden Veganismus kaum aufwändiger als Unveganismus. Und das, obwohl Veganismus in einer unveganen Gesellschaft nicht gerade gefördert wird.
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Nachweise
1 Janice Stanger: Vegan from the inside, http://perfectformuladiet.com/resources/vegan-from-the-inside/ [14.03.2011].