Trotz der verheißungsvollen Überschrift fällt diese erste, kleine Bestandsaufnahme nicht sehr positiv aus. Denn genau genommen ist beides noch nicht vertreten.
Es gibt zwar bereits international Parteien, die "für die Tiere" zu sein vorgeben ( "Partij voor de Dieren", "Animals Count", "PACMA - die Antistierkampfpartei" oder "Partei für Menschenaffenrechte"), allerdings ist das nur ein hübsches Aushängeschild. In Wirklichkeit betreiben sie den für die Tierrechte extrem schädlichen Tierschutz, legen keinen Wert auf die Forderung an ihre Mitglieder, Tierausbeutung selbst nicht zu unterstützen (sprich: vegan zu werden), sondern sind in erster Linie an Spenden interessiert. Genau das gleiche trifft in Deutschland für die "Tierschutzpartei" zu. Ironischer Weise liegt das Parteiprogramm der deutsche "Feministischen Partei", die augenscheinlich keine "Tier"-Partei ist, am nächsten an Tierrechtsvorstellungen - wobei man auch hier nach einer Umsetzung auf Parteiebene lange suchen kann.
Die großen deutschen Parteien haben - wie könnte es in einer speziesistischen Gesellschaft anders sein? - keinerlei Tierrechtsziele in ihren Programmen. Zwar "informieren" diverse Tierschutzorganisationen (auch solche, die sich fälschlicherweise als Tierrechtsorganisationen etikettieren) über angeblich tierrechtsrelevante parteipolitische Ziele bei CDU, SPD, FDP, Grünen und Linken, aber diese Ziele bestehen lediglich aus diversem Tierschutzunsinn: "Strengere Haltungsvorgaben" (als ob die Tiere nicht unabhängig von der "Haltung" ausgebeutet und ermorden würden), Verbot von "Affenversuchen" (was lediglich die Zahl der Versuche an anderen Tieren erhöht), Durchsetzung der Verbandsklage (als ob das Tier"schutz"gesetz, worauf sie sich berufen würden, Tieren helfen, statt ihre Ausbeutung legitimieren würde) usw. Eine Tierrechtspartei, die sich für das zentrale wirklich tierrechtlerische Ziel, die totale Abschaffung der Tierausbeutung statt deren Reform, einsetzt, gibt es weiterhin nicht. Wenn die Tierrechtler wählen gehen, werden sie also einmal mehr nur das kleinere dieser großen Übel zur Auswahl haben.
Einzig Veganismus hat sich in geringem Maße in der Politik niedergeschlagen. So gibt es mehrere Politiker, die nach (wenn auch schwer zu überprüfenden) Berichten vegan sein sollen ( Dennis Kucinich, Janez Drnovšek, Chamlong Srimuang und Hu Jia). Jedoch kann dabei oft vermutet werden, daß es sich nur um Veganköstler handelt, bei denen gesundheitliche Motive statt ethischen im Vordergrund stehen. Unter deutschen Politikern wurden bisher zwei Veganerinnen bei den Grünen entdeckt ( Ska Keller und Kathrin Henneberger). Gemeinsam ist all diesen Politikern aber, daß sie ihren Veganismus kaum bis gar nicht in ihre Politik einbringen. Bei den Grünen allgemein dominieren ohnehin eher umweltrelevante oder tierschützerische Aspekte - die Grünenspitze findet selbst Vegetarismus übertrieben (wobei auch das natürlich nicht viel besser wäre). Unter den Junggrünen sieht es ähnlich aus - lediglich bei der von Kathrin Henneberger mitinitiierten Umstellung der BuKos auf vegan wurde immerhin angesprochen, daß für Unveganismus übrigens auch Tiere sterben.
Neben den Parteien und Politikern gibt es im Bereich der Politik auch die Gesetzgebung. Hier hat (wieder im Gegensatz zu Tierrechten) Veganismus bereits Einzug in Gesetzestexte gehalten. So gibt das Schweizer Deklarationsgesetz eine Empfehlung für die Bezeichnung von Produkten mit dem Hinweis "vegan". So nötig eine sinnvolle und ausreichende Deklaration aufgrund der vielen verstecken Tierprodukte wäre, so unnütz ist dieser Vorschlag, denn er definiert "vegan" als "keine Zutaten tierischer Herkunft enthalten[d]" und ignoriert die Unveganität vieler Zusatzstoffe, Trägerstoffe und Produktionshilfsstoffe. Solange es noch unvegane Stoffe in der Produktion ansonsten pflanzlicher Lebensmittel gibt, sollte es daher auch Ziel der Politik sein, ein ordentliches Deklarationsgesetz (für die EU wie für die Schweiz) zu verabschieden, das die vielen jetzigen Lücken schließt. Es würde Veganern Arbeit ersparen und die Hersteller sehr effektiv dazu zwingen, unvegane Produktion zu veganisieren, denn selbst Nichtveganer würden viele unvegane Produkte ablehnen, wenn sie wüßten, wofür "Schlachtabfälle" weiterverwendet werden (Gelatine für Saft, Rinderfett für Aromen usw.).
Auf immer mehr Verpackungsetiketten finden sich "Vegan-Label", Zeichen, die vegane Produkte kennzeichnen sollen. Dies ist natürlich insofern ein enormer Fortschritt, als es zeigt, daß mehr und mehr Menschen vegan leben, so viele, daß die Hersteller es für nützlich halten, ihnen einen nicht unbeträchtlichen Teil der Verpackung (den sie schließlich auch anderweitig werbewirksam nutzen könnten) zu widmen, da sie sie als ernstzunehmende Zielgruppe erkannt haben. Dem tut es keinen Abbruch, daß es bei vielen dieser Produkte ohnehin vergleichsweise unschwer zu erkennen ist, ob das, was sich da in der Packung befindet, vegan ist, etwa purem Wasser, Reis oder Spinat. Wohl aber, daß sich solche Label (auch, aber wohl nicht nur, das "V-Label" der Europäischen Vegetarier-Union) nur auf den Inhalt, nicht auf die möglicherweise unvegane Verpackung bezieht.
Erfreulicher wäre es allerdings, wenn genau die als vegan gekennzeichneten Produkte auch wirklich vegan wären. Tatsächlich wird nicht nur der Großteil der veganen Produkte bislang nicht entsprechend gekennzeichnet (und das betrifft nicht nur unverpackte Lebensmittel wie Obst und Gemüse), darüberhinaus erhalten auch unvegane Produkte immer wieder fälschlich Vegan-Label. Statt naiver Euphorie angesichts sprießender Vegankennzeichnungen wäre es also angebracht, die Augen aufzumachen.
So hat auch Netto, ein Lebensmitteldiscounter der Edeka-Gruppe, mittlerweile einige seiner Produkte mit einem eigenen "Vegan-Label" (wohl da das "V-Label" respektive die "Veganblume" geschützt sind bzw. Lizenzgebühren kosten) versehen. Unter anderem auch den Weichweizengrieß. Während der Hartweizengrieß (der nur aus Hartweizen besteht und wohl vegan sein dürfte) das Zeichen nicht trägt - vermutlich werden die Verpackungen gerade umgestellt und dies sind noch ältere Packungen - enthält der Weichweizengrieß, wie deutlich ausgezeichnet ist, Molke - ist also entgegen der Kennzeichnung definitiv nicht vegan. Nur sind leider nicht alle unveganen Produkte, die als vegan gekennzeichnet sind, so leicht zu erkennen.
Hier stellt sich also die Frage, wozu solche absurden Kennzeichnungen gut sein sollen. Letztendlich sollte ein V-Label so überflüssig sein wie ein Label, das Zeitschriften am Kiosk als kinderpornofrei kennzeichnet.
[Nachtrag (5. September 2009): Aktuelles hierzu im Veganismusforum, u.a. weitere eindeutig oder potentiell unvegane Produkte mit "Vegan-Label".]
Vor einigen Jahren wurden Menschen, die sich für Tierrechte einsetzten, belächelt und nicht ernstgenommen. Keiner der professionellen Tierausbeuter hätte es damals in irgendeiner Weise für nötig erachtet, sich mit ihnen auseinanderzusetzen, denn das Mordgeschäft lief durchweg gut und in Anbetracht einer Vergangenheit mit Tausenden Jahren bar jeder Moral für nicht-menschliche Tiere bedurfte es keiner zusätzlichen Rechtfertigung ihres Tuns.
Diese Zeiten scheinen vorbei, denn was niemand erwartet (oder auch nur annährend für möglich gehalten) hätte, ist eingetreten: immer mehr Menschen dehnen ihre Moral auf nicht-menschliche Tiere aus. Nach diesem ersten Schock für alle, die vom Tod und Leid anderer leben, bemerken einige von ihnen erst jetzt, wie schädlich Ethik und Moral für ihr blutiges Geschäft ist. Zusätzlich stehen sie plötzlich unter Rechtfertigungsnot, denn Argumente, die ihre Morde rechtfertigen, haben sie bisher nie gebraucht und das, was sie sich jetzt kläglich zusammensuchen, endet argumentativ in Sackgassen, widerspricht sich selbst oder ist so lächerlich, daß sogar sie selbst die Wirkungslosigkeit bemerken.
Billige Indoktrination auf der Ebene von Kinderbüchern, die nicht nur gekonnt aussparen, sondern auch noch voller inhaltlicher Fehler stecken, gibt es schon länger. Neu hingegen sind aktive Maßnahmen. Daß ihre Bedrängnis zunehmend wächst, zeigen die jüngsten Beispiele von solchen "Gegenangriffen", durchgeführt von Organisationen, kleineren Verbänden oder Einzeltätern. (Nur die CMA kann leider nicht mehr mitspielen, seitdem ihre Finanzierung durch Zwangseinnahmen für gesetzwidrig erklärt wurde.)
Aktuell bemühen sich v. a. Einzeltäter darum, ihre "Tätigkeit" vor Kindern gutzustellen, denn, so wörtlich: "Es ist wichtig, dass die Kinder das wissen, schließlich sind das die Verbraucher von morgen." Was allerdings "das" ist, was sie wissen sollen, scheint für sie Interpretationssache. Hier ein paar Beispiele:
Der sechsjährige Elias zeigt sich vom Leben auf dem Bauernhof sehr beeindruckt: "Am besten waren die Babykatzen. Aber die Maschinen fand ich auch toll, denn ich bin ja selbst ein Erfinder!" Bezüglich der kleinen Katzen ist Alina (5) seiner Meinung. Sie faszinieren allerdings auch die Kühe. "Die sind so schön", sagt sie begeistert. ("'Die Kühe sind so schön!'", Allgäuer Zeitung, 19.06.2009)
Gestern konnten die Grundschüler mit den Tieren auf Tuchfühlung gehen: Küken und Kaninchen streicheln, Hähne krähen hören, Eier anfassen. Auf dem Hof konnten die kleinen Gäste landwirtschaftliche Technik bestaunen und zum Beispiel ins Führerhäuschen eines der riesigen Traktoren klettern. ("Schüler lernten viel beim Projekttag mit den Kleintierzüchtern", Märkische Allgemeine, 20.06.2009)
Die Kinder erkundeten das Leben und Arbeiten auf einem Bauernhof hautnah. Sie bestaunten die indischen Laufenten, die nur Nacktschnecken fressen und den Salat stehen lassen, streichelten Kater Peter und Berner Sennenhündin Cindy. Im Hühnerstall dann erklärte Petra Keidel den Kindern, wie die Hühner leben, wie sie gefüttert werden und woher die Eier kommen, bevor sie von einem Laufband in Schachteln verpackt direkt ab Hof oder in den Geschäften von Rimpar verkauft werden. Um den Geschmack der Eier zu testen, durften die Kinder gleich einmal die Eiern der Hühner kosten. ("Eier von glücklichen Hühnern", Mainpost, 22.06.2009)
Daß alle diese interessanten und "schönen" Tiere (Katzen, Kühe, Hühner, Kaninchen) nicht mehr lange leben werden, wurde wahrscheinlich nur aus Versehen vergessen zu erwähnen. Wir wollen schließlich nicht behaupten, sie würden hier absichtlich unangenehme Tatsachen aussparen.
Auch die "Erklärungen" eines Berufsmörders sind keineswegs einseitig:
Karsten Neumann, Revierförster für das Revier Krempendorf und für die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald im Einsatz, vermittelte den Kinder Wissenswertes über Artenschutz im Wald und erklärte angewandte Naturschutzprojekte: die Igelburg, Fledermausnistkästen, Tastboxen, Tafeln über heimische Pflanzen und Tiere, Vögel und Fische sowie Pilze, das Insektenhotel und vieles mehr. ("Schüler lernten viel beim Projekttag mit den Kleintierzüchtern", Märkische Allgemeine, 20.06.2009)
Denn was "wissenswert" ist, sollte man nicht so pauschal sehen. Natürlich fehlen auch hier die einen oder anderen Hinweise zu Tausenden erschossenen Tieren, die, damit die Population nicht sinkt, was das Erschießen erschweren würde, im Winter reichlich mit Nahrung versorgt werden (was natürlich weitere "gute Taten" sind). Daß potentielle "Konkurrenten" systematisch ausgerottet werden (Luchs, Bär), bei versuchter Neuansiedlung selbst gegen das "Artenschutzgesetz" erschossen werden (Wolf) oder am Rand der Ausrottung sehen (Fuchs), ist natürlich genauso wenig "wissenswert".
Die "Informationen" zu den "täglichen" Tierqualprodukten weisen ähnliche "Lücken" auf:
Als sich am nächsten Vormittag auch das letzte der sechs Küken mit seinem Schnabel aus dem Ei gepickt hatte und dabei die Hilfe einer Erzieherin mit der Pinzette genoss, machte es sich die gefiederte Sechser-Bande in einer Kiste mit Rotlicht und Wärmflasche gemütlich, ehe es auf die Reise auf den Bauernhof nach Heggen ging. ("Küken im Kindergarten", Der Westen, 18.05.2009)
Eine Woche lang können die Kinder die Küken in unserem neuen Kükenschaukasten bewundern.
Einmal am Tag ist streicheln angesagt. Gemeinsam mit den Erzieherinnen dürfen die Kinder die Küken in die Hand nehmen. Danach kommen Küken in die Zuchtanlage von Hermann Lakemann und werden dort bestimmt des öfteren vom Kindergarten Besuch bekommen. ("Brutmaschine im Kindergarten", GZV-Morsum, 29.06.2009)
Aber ganz sicher werden die Hühner das, denn die Kinder können zum Glück nicht sehen, daß es nicht mehr dieselben sein werden. Und von allen Anstrengungen, Kindern "den Weg ihres täglichen Essens" näher zu bringen, reicht der Abschnitt von der Geburt bis zum niedlichen, kleinen Küken völlig aus. Der Abschnitt, der bei "industrieller Zucht" (auch wenn das hier nicht der Fall ist) danach kommt und für die männlichen Küken schon nach wenigen Stunden im Müllcontainer endet und für die weiblichen nach einem Jahr Ausbeutung mit durchgeschnittenem Hals, bleibt auch ganz nebenbei unerwähnt.
Eigenartiger Weise gibt es nur solche "Berührungen" mit der "Kükenzucht". Als eine riesige "Zuchtbrüterei" in Betrieb genommen wurde, wie Anfang dieses Jahres, wurde keine Presse zugelassen wegen negativer "Berichterstattungen". Dabei könnte lediglich gezeigt werden, was real vorhanden ist und das ist doch angeblich völlig harmlos. Anscheinend ist die Verbreitung der Realität doch nicht so erstrebenswert, wie sonst immer versichert wird.
Es verwundert daher kaum, daß bei einem "Schlachtfest" den Kindern nicht gezeigt wird, wie die Tiere umgebracht werden (solche "Nebensächlichkeiten" sind schließlich unwesentlich). Ein "Streichelzoo" reicht völlig:
Auch an den Nachwuchs wurde gedacht. Heinrich Wächter vom Köcheclub bereitete mit Kindern die „Gelsenkirchener Designer-Kniffte”, ein Fleischbrät, das wie eine Waffel zubereitet und im Ciabatta-Brot mit Salat serviert wird, zu. Im Streichelzoo gab es Tiere, diesmal sogar am Stück und lebendig. ("Es geht um die Wurst", WAZ, 28.06.2009)
Gleichermaßen hat die Politik inzwischen die "Notwendigkeit" begriffen, aktiv Lügen und Halbwahrheiten zu verbreiten, um der Gefahr der ethischen Ernährung für die Tierausbeutungsindustrie entgegenzuwirken. Aktuell bezieht sich das auf eine Kampagne der Landwirtschaftsministerin, die zeigen will, "wie wichtig und gesund [Kuh-]Milch für die tägliche Ernährung ist". Mit anderen Worten: die nicht zeigen will, mit wieviel Tod dieses weiße Blut verbunden ist. (Sie erdreistet sich im Übrigen selbst zu Aussagen wie "Die Milchbauern pflegen mit ihren Kühen die vielfältigsten Lebensräume unserer Kulturlandschaften - Wiesen und Weiden mit den zahlreichen Pflanzen- und Tierarten". Wie sehr durch die Zubetonierung mit Ställen "Wiesen und Weiden" "gepflegt" werden, kann sich wohl jeder selbst denken.)
Die argumentative Bedrängnis solcher Propagandisten zeigt sich an Aussagen wie folgender:
Im Kuhstall erklärt Bäuerin Christine Rosskopf, warum nicht alle ihrer 18 Kühe Milch geben: "Erst wenn sie gekalbt haben, gibt es Milch." ("Die Milch kommt nicht aus dem Tetrapak", Augsburger Allgemeine, 26.06.2009)
Und damit ist die "Erläuterung" bereits an ihrem Ende. Zwar können sie nicht mehr verleugnen, daß die Kühe zwangsbesamt werden (daß es jährlich geschieht, wird hier allerdings nicht erwähnt), aber was dann mit den Kälbern geschieht, ist mal wieder nebensächlich.
Auch der Bauernverband hat Mitarbeiter und Mitglieder dazu aufgefordert, persönlich (und anonym) Propaganda zu betreiben. Das Eis wird dünner und dünner.
Sie alle bemerken offenbar nicht, daß sie das Unvermeidliche nur hinauszögern. Wenn ihren Propaganda- und Indoktrinationsopfern schließlich die "zufällig" vergessenen, weil unliebsamen Fakten nachgetragen werden, bricht ihre mühsam aufgebaute Fassade einer heilen Ausbeuterwelt unweigerlich zusammen. Denn auch der Anblick von tausend niedlichen Küken hilft nun einmal nichts, wenn sie dabei vergast auf einem Haufen liegen.
Die CMA hat bereits aufgegeben. Der Schweine"bestand" ist auf einem Rekordminimum. Wir stehen kurz vor Vollendung einer veganen Gesellschaft. Denn niemand will mehr verwesende Körperstücke toter Tiere essen. Niemand? Nicht ganz, laut einer neuen Studie vor allem nicht die "Gebildeten" und Wohlhabenden, hingegen wird es noch massenweise von der geistigen... äh, sozialen "Unterschicht" konsumiert.
Also nochmal: ein Teil der Gesellschaft verschmäht Leichenteile als minderwertigen Tofuersatz. Aber wieso eigentlich?
Der Autor der Studie schiebt die Schuld vordergründig auf den "Gammelfleisch"-Skandal, übersieht aber, daß es mehr Kontrollen gibt, sodaß die Wahrscheinlichkeit, an dergleichen hausgemachte Delikatessen zu geraten, geringer ist als in den Jahren davor. Das gleiche gilt für BSE oder andere "Tierseuchen", auf die vermehrt getestet wird, sodaß auch hier wiederum der Konsum unbedenklicher sein müßte. Gesundheitliche Aspekte können demnach nicht hinter diesem Gesinnungswandel stehen. Erst recht nicht, da all die "Gebildeten" schließlich von den Meinungen und Empfehlungen völlig unparteiischer "Wissenschaftler" Kenntnis haben, die Himmel und Gott beschwören auf keinen Fall ganz auf "Fleisch" zu "verzichten". Weniger gerne, aber ohne kann nicht gut sein. Und wer auch noch auf Kuhmilch "verzichtet", wie all diese kranken und blassen Veganer, der handelt gesundheitlich verantwortungslos, denn nur dank ihres vielen Kalziums gibt es in der westlichen Welt nicht die geringste Spur von Osteoporose, erst recht nicht als bekannte Zivilisationskrankheit.
Der unbedarfte Beobachter könnte nun natürlich ohne nachzudenken mit dem moralischen Zeigefinger in der Luft wedelnd ethische Einsicht für die veränderte Konsumhaltung anführen. Aber damit würde dieser kleinliche Moralist nur seine Unkenntnis zur Schau stellen. Denn durch die eifernden Bemühungen all der Tierschützer, die gänzlich selbstlos motiviert sind (sie nehmen keine Spenden und machen das auch nicht zur Gewissensberuhigung), sind die "Haltungsbedingungen" heute besser als früher: die Hühner freuen sich noch über Sitzstangen, wenn ihnen nach ein paar Monaten der Hals durchgeschnitten wird, die Tiertransporte legen viele Pausen ein, damit die Fahrt zum Schlachthof recht angenehm wird (was dann kommt, ist egal) und die Kühe haben vorbildlichst gepflegte "Klauen", wenn ihnen das Bolzenschlußgerät an den Kopf gesetzt wird. Allen geht es also prächtig. Und die Erfolgssträhne reißt nicht ab, vielleicht werden die männlichen Küken bald nicht mehr mit herkömmlichem Kohlenmonoxid vergast, sondern mit "artgerechtem Bio-Kohlenmonoxid".
Apropos Vergasen. Die Studie vermutet auch noch einen weiteren Grund: wenn eine "Tierfabrik" in der Nähe von Ortschaften gebaut wird, störe das die Leute sehr. Und das kann man freilich verstehen. Güllegeruch und Leichengestank sind einfach unappetitlich. Gerade beim Mittagessen, wenn Herr oder Frau Verbraucher sich das "Schnitzel" einverleiben will, ist es schlichtweg eine Zumutung, durch dergleichen Gerüche an die Herkunft und den "Entstehungsprozeß" des besagten Essens erinnert zu werden. Dann doch lieber dort bauen lassen, wo man nichts sehen oder hören oder riechen muß, und sich in Ruhe in Mund vollstopfen. Außerdem ist gerade jetzt zu Ostern der "Ei"konsum bedenkenlos möglich, schließlich werden die Legebatterieneier lediglich aus dem Ausland importiert und nicht etwa hier hergestellt - wieder dank unermüdlicher Tierschutzbemühungen (man kann sie nicht oft genug loben). Aber zurück zu den "Tierfabriken vor Ort": "Gebildete" Menschen leben unterdurchschnittlich häufig in kleinen Ortschaften oder auf dem Land, insofern ist dieses Argument reichlich schlecht recherchiert.
So bleiben wir mit einem Rätsel zurück. Das gute deutsche "Fleisch" hat ein Imageproblem (sowas hätte es früher nicht gegeben!), sodaß selbst PeTAs Bemühungen wenig helfen werden (und dabei hat PeTA grundsätzlich die besten Ideen).
Vielleicht sollte man das "Fleisch" einfach lila färben und umbenennen, dann wird das schon wieder werden. Denn "gebildet" oder nicht, heutige Konsumenten schauen auch weiterhin nur auf den Teller und nicht darüber hinaus. Und wenn die Industrie das nicht erkennt, ist sie selbst schuld.
Wieder haben die Tierschützer einen Erfolg zu feiern. Diesmal geht es aber nicht darum, daß Tiere in größeren Käfigen oder einer sauberen Umgebung ausgebeutet werden, sondern die Anzahl der Tierversuche für einen speziellen Test wurde reduziert, wofür es natürlich gleich einen Tierschutzpreis zu verleihen gab.
Die Wissenschaftler entwickelten ein Testsystem für die Gentherapie bei schweren Immundefekten oder Stoffwechselerkrankungen, das eine Vielzahl von Tierversuchen überflüssig macht. Waren vorher hundert Mäuse für eine Testreihe nötig, ist jetzt nur eine einzige notwendig. (Quelle)
Und auch wenn es langsam zu einer ständigen Wiederholung wird, kann man es nicht oft genug sagen (und hoffen, das Wiederholen wirkt sich bei den Betreffenden positiv auf den Lernprozeß aus): solcher reformistischer Tierschutz wird nie zur Abschaffung der Tierausbeutung führen.
Dabei sind es nichts anderes als die eigennützigen finanziellen Überlegungen, die zu solchen Veränderungen führen. Es ist schlichtweg billiger, weniger Tiere für das gleiche Ergebnis umzubringen und den verbleibenden Opfern hilft das genauso viel wie dem Gesamtfortschritt: nämlich gar nichts. Dabei wären auch in diesem Fall diese Tierrechtsverletzungen keineswegs nötig, denn auch hier wie sonst gilt, daß eine vegane Gesellschaft heute schon möglich wäre.
Die Tierschützer mit ihrem Reformismus aber helfen genau diese zu verhindern. Genauso wie Pseudo-Tierrechtsorganisationen mit ähnlichen Ambitionen. So kann man auch in diesem Fall nur wiederholen: das einzige, was den Tieren wirklich hilft, ist die völlig Abschaffung und nicht, wie es in einem anderen Artikel dazu heißt, die "Belastung" für die in den Tierversuchen eingesetzten Tiere "zu vermindern" oder "ihre Zahl zu verringern". Und erst dann – man achte auf die Bände sprechende Reihenfolge – heißt es dort: "oder sie ganz zu ersetzen".
Was passiert, ändert man das System ohne die Menschen zu ändern (in diesem Fall: sie zum Veganismus zu führen), zeigte sich bereits mehr als deutlich am Beispiel des Rassismus. Nachdem die Sklaverei in den USA aus wirtschaftlichen, statt ethischen Gründen, beendet wurde, waren die betreffenden Menschen zwar formal keine Gefangenen mehr, aber der Rassismus und damit die Diskriminierung dieser war noch hundert Jahre lang Teil der offiziellen Staatspolitik und ist bis heute in den Köpfen der Menschen ein fester Bestandteil, der sich entsprechend regelmäßig auch in Taten äußert.
Betreibt man heute Reformismus oder ersetzt 'echte' durch künstliche Leichenteile, wird sich das immer nur auf diese kleinen, eingeschränkten Bereiche auswirken (und das nicht einmal positiv) und prädestiniert damit der Abschaffung des Speziesismus eine ähnliche Entwicklung.
Die Tierschützer (denen es angeblich wirklich um die Tiere geht) könnten statt dessen natürlich auch Tierrechte betreiben und Veganismus propagieren, aber das würde voraussetzen, sie hätten die Sache wirklich begriffen oder gar aus der Geschichte gelernt. Doch das ging nun wirklich zu weit.
"In-vitro-Fleisch" (auch: "Kunstfleisch") ist tierliches Muskelgewebe, das nicht in Tieren gewachsen ist, sondern im Labor in einem Nährmedium. Diese Methode "Fleisch" herzustellen wird vor allem von Tierschützern, aber auch von manchen Tierrechtlern als zukunftsweisende Alternative gesehen, da der "Fleisch"-Nachfrage gedeckt werden könne, ohne Tiere zu züchten und zu schlachten.
Dieser Enthusiasmus allerdings ist verfrüht, denn weder ist das Produkt vegan, noch eignet es sich als Überzeugungshilfe für den Veganismus.
Vegan ist es nicht, da das Ausgangsmaterial von Tieren entnommen wird. Bisher ist es auch eine reine Wunschvorstellung, daß eine Zellkultur weiterbenutzt werden könnte. Es müssen also immer wieder neue Zellen von Tieren entnommen werden und selbst wenn das ohne direkte Schädigung der Tiere erfolgen könnte, müßten die Tiere weiterhin "gehalten", d.h. eingesperrt werden. Darüber hinaus ist auch das Nährmedium, in dem die Zellen wachsen, unvegan, so besteht es zum Teil aus Blut von Kälbern ("fötales Kälberserum"). Eine pflanzliche Alternative gäbe es wohl, sie ist aber nochmals wesentlich teurer.
Als Überzeugungshilfe eignet es sich nicht, da es keine Überzeugungsarbeit leistet. Anstatt die Menschen von der ethischen Verwerflichkeit der Ausbeutung von Tieren zu überzeugen, werden ihnen Ersatzprodukte vorgesetzt, sodaß sie leicht in den Glauben verfallen, sie müßten sich nicht ändern, sondern die Gesellschaft habe sich darum zu kümmern, ihre Tierausbeutungsprodukte zu ersetzen (ob so oder mit vermeintlich schmerzunempfindlichen Tieren). Und beim "Fleisch" endet die Ersatzleistung bereits. Niemand also auf die Idee kommen, Tiermilch, "Honig" oder Eier durch Alternativen zu ersetzen, oder nicht mehr in " Zoo" oder " Zirkus" zu gehen. Viel eher ist zu erwarten, daß sich durch diesen "Verzicht" auf die Ermordung von Tieren für "Fleisch", die Person ein gutes Gewissen gegenüber ihren sonstigen, tierausbeutenden Lebensweise bekommt und dadurch am Ende mehr andere Tierprodukte konsumiert und unter Umständen mehr Tierleid verursacht als zuvor.
Auch aus tierrechtsstrategischer Sicht sollte man es gut überdenken, ob eine Bewerbung solcher Dinge sinnvoll ist. Es ist nicht nur unvegan und kann zu einer Gewissenberuhigung führen, die außerdem bereits heute einsetzen kann, wenn der entsprechende Unveganer einen "Verzicht" für unnötig hält, da er nur darauf warten müsse, bis die Forschung das Problem für ihn erledigt. Sondern es suggeriert außerdem, daß der "Fleisch"-Konsum das Problem des Unveganismus sei und nicht die Tierausbeutung insgesamt, sodaß ungewollte auch andere Bereiche (wie z.B. Vegetarismus) relativiert werden, obwohl ein Vegetarier unter Umständen mehr Tierleid verursacht als ein "normaler" Unveganer.
Nicht zuletzt wird dieses Thema mit der Tierschutzorganisation Peta assoziiert, da sie für die Erforschung eines solchen "marktfähigen Produktes" ein Preisgeld ausgeschrieben hat, und jedem Tierrechtler sollten die Haare zu Berge stehen bei dem Gedanken, mit diesen Leuten in Verbindung gebracht zu werden.
Anstatt jetzt oder eventuell in Zukunft seine Energie auf die Bewerbung solcher Dinge zu verschwenden, sollte man die Menschen zu einem wirklichen Umdenken bewegen, d.h. vom Veganismus überzeugen. Und Veganismus braucht solche Ersatzprodukte nicht, da es ausreichend abwechslungsreiche vegane Nahrungsmittel gibt, darunter Alternativen wie Tofu, Seitan oder Sojaextrudat.
Die unvegane Gesellschaft kostet nicht nur unzählige Tieren das Leben, sondern auch noch etliche Milliarden Agrarsubventionen, die aufgewendet werden, um sicherzustellen, daß die Unveganer ihre "Tierprodukte" möglichst billig einkaufen können.
Eine Zeitungsmeldung dieser Tage berichtet über die Geldverschwendung an Tierausbeuter:
"Die Schweinehalter bekommen Ihre Arbeit nicht bezahlt und verlieren außerdem zurzeit 20,- € pro Mastschwein", so die ISN. "Einem Betrieb mit 1.000 Mastplätzen droht in diesem Jahr allein aus der Schweinehaltung ein Verlust von über 50.000,- €".
Daß die Leichenteile im Supermarkt trotzdem billig sind und solche unrentablen Betriebe immer weiter produzieren, liegt an den horrenden Summen, die Staat und EU dafür subventionieren. Im Jahr 2006 lag die EU-Förderung allein für den Bereich der direkten Tierausbeutung bei 7,427 Mrd. Euro. Dem gegenüber liegt der Bereich der Produktion von pflanzlichen Produkten mit 5,118 Mrd. Euro, wobei hier nicht abgezogen ist, was an "Futtermitteln" auch zur Aufwendung für Tierausbeuter zu rechnen wäre, womit sich die Differenz nochmals stark vergrößern würde, die aber so schon bei 60% für den ersten Bereich liegt.
Somit würde in einer veganen Gesellschaft sehr viel nicht mehr benötigtes Geld zur Verfügung stehen, das sinnvoll in andere Bereiche wie Bildung investiert werden könnte (denn die Parallelen zwischen mangelnder Bildung und Unveganismus sind frappierend).
Klimaveganer seien Veganer, die (analog zu Klimavegetariern) nicht aus tierrechtsethischen Gründen keine Tierprodukte konsumieren, sondern dies aus Gründen des Klimaschutzes tun, meint ein Kommentator der Zeit (Maximilian Grosser, "Durch Fleischverzicht die Welt retten", 28. Juli 2008). Hierbei stellt er deutlich heraus, daß auch diesbezüglich Veganismus dem Vegetarismus ethisch haushoch überlegen ist:
Doch der Gedanke an die Rettung der Welt ist wieder da und zwar viel überzeugender als von den militanten Tierschützern. Eine neuer Typ von Fleischverweigerern entsteht: der Klimavegetarier. [...] Ein Fünftel des weltweiten Ausstoßes von Kohlenstoffdioxid geht laut FAO, der Weltagrarorganisation der UN, auf die Viehhaltung zurück, mehr als das Transportwesen zu verursachen vermag.
Knapp 200 Kilogramm des Klimagases CO2 spart der Klimavegetarier im Jahr durch Fleischverzicht. Der Klimaveganer legt noch eins drauf und vermeidet zusätzlich 450 Kilogramm CO2 durch Verzicht auf Milch und Käse nach Studien des Freiburger Öko-Instituts.
Klimavegetarier und -veganer sind hochgradig politisch. Kein Fleisch oder der generelle Verzicht auf tierische Produkte sichert sie nämlich mehrfach ab. Sie treten für den Tierschutz ein, dem Klima tun sie Gutes und sozial gerecht verhalten sich die Klimavegetarier auch. [...] Würden weltweit mehr Menschen auf Fleisch verzichten, müsste auch kein Regenwald für Weideflächen und Futtermittelanbau mehr vernichtet werden.
(a.a.O, meine Hervorhebungen)
Dennoch gibt es neben der fehlenden tierrechtsethischen respektive antispeziesistischen (und somit in der Regel egoistischen) Motivation einen weiteren negativen Aspekt: Zwar könnte die fleischlose Ernährung die Welt laut Klimavegetarier rein theoretisch retten. Doch bislang taugt sie noch nicht zur Weltrevolution. Denn der Fleischkonsum wird weltweit entgegen aller Vernunft steigen. Die indische und chinesische Gesellschaft kommt beispielsweise gerade erst zu Wohlstand und will Fleisch und Käse. [...]
Doch es gibt Hoffnung für den Klimavegetarier: Dass der Preis für Fleisch bald den steigenden Energiepreisen folgt. Dann wird sich bestätigen, dass der jetzige Fleischkonsum nicht mehr haltbar ist. Der Klimavegetarier wird dann ganz von allein zum Vorbild einer neuen Welt.
(a.a.O, meine Hervorhebungen)
Es gibt zahlreiche gesunde Veganer der zweiten Generation, also Menschen, die, da ihre Eltern bereits zum Zeitpunkt der Empfängnis vegan waren, vegan aufwuchsen (auch wenn so manche Pseudoveganer hier ein getrübtes Bild entstehen lassen dürften). Eine Tatsache, die Veganismusgegner gern leugnen - die aber nun schon in der Times nachzulesen ist:
If you would prefer to continue to be vegan, you can do so in the knowledge that there are many examples of healthy “second generation” vegans in this country - in other words, people who are now adults whose mothers and fathers were vegan at their time of conception and who were subsequently raised as vegan infants and children. [...] It is worth remembering that there are plenty of unhealthy omnivorous diets, and that a lot of infants in this country are being raised on diets that are too high in salt, saturated fats and sugars, so if you take your responsibilities seriously to eat a well-balanced vegan diet, you need not feel that you are doing anything wrong.
Amanda Ursell, "Vegan babies", The Times, 16. Juni 2008 (meine Hervorhebungen)
Von Bedeutung ist dabei nicht nur die Existenz lebenslanger Veganer an sich, sondern auch die Tatsache, daß mittlerweile immer mehr Menschen - wie hier die Ernährungsberaterin der konservativen Londoner Times - anerkennen müssen, daß die Erde keine Scheibe ist.
Es gibt immer mehr vegane Restaurants - auch und vor allem in den Medien: meist fiktive Orte der Absonderlichkeit, doch immerhin im allgemeinen Bewußtsein, von Kinderkrimiserien wie Shirley Holmes, die im "Fall der befreiten Tiere" (" The Case of the Liberated Beasts") u.a. in einem veganen Restaurant nach dem Täter sucht bis zu Erwachsenen-Comics wie Paige Braddocks "Jane's World", in der ein Teil der Nebenhandlung hin und wieder ins "Garden of Vegan" führt.
In einer Filiale eines Drogeriemarkts war kürzlich ein merkwürdiges Phänomen zu beobachten: Während es acht Sorten Pflanzenmilch gab - Sojadrink Natur, Calcium, Vanille, Schoko, Soja-Reis-Drink, Reisdrink Natur, Reisdrink Calcium sowie Haferdrink - beschränkte sich Auswahl an Tierausbeutungsmilch auf zwei Sorten: Vollmilch und fettarme.
Nun sind das noch immer zwei zu viel, und dies ist sicher nicht die Regel. In den meisten Geschäften gibt es derzeit wohl immer noch weniger Pflanzen- als Tiermilch, und die Kuhmilch kostete ebensoviel wie bzw. sogar zehn Cent weniger als die günstigste Pflanzenmilch (die Soja-Reis-Milch), während der Preis für Silch, Reis- und Hafermilch fünfzig bis (im Fall der Vanille-Sojamilch) achtzig Cent höher lag. Manche, wie der Discounter Lidl, sind gar im finsteren 20. Jahrhundert steckengeblieben und bieten überhaupt keine entsprechende Alternative zu Drüsensekreten im Tetrapack an. Dennoch: es ist ein Anfang.
Der nicht immer subtile Humor so mancher "Comedy"-Serie mag nicht jeden Geschmack treffen, doch er ist wohl ein interesssanter Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen. Ein bemerkenswertes Beispiel war am 20. Januar 2008 in Sat1 zu sehen. Der "Comedian" Martin Schneider spielte in "Maddin in Love" einen "Tierpfleger" im Zoo(!), inklusive massiver Zoo- und sogar ein wenig Tierversuchspropagana. Maddin war zum Abendessen eingeladen, dabei entspann sich folgender Dialog:
Sie: Möchten Sie vielleicht noch etwas Suppe?
Er: Nee, danke. Ich lass' noch e' bißche' Platz für'n Hauptgang.
...
Sie: Ich hoffe, Sie mögen Filet Stroganoff?
Er: Ja ... also, wenn kein Fleisch dran is'.
Sie: Doch, schon. Filet halt. Also, vom Rind, kein Schwein.
Er: Aber des is' e'n Problem. Weil, ich bin eine besondere Form von Veganer. Ich ess' eigentlich nur Sache', die allein vom Baum gefallen sind [wie etwa o.g. Suppe?, AS]. Weil, Pflücke' is' auch schon Gewalt.
Sie: Also ich hab', ähm, verschiedene Beilagen da, die sind jetzt nicht direkt vom Baum gefallen, aber ...
Er: Des war schon in meiner Kindheit schon so. Da hab' ich mal die Geschichte von Nils Holgersson und die Wildgänse gelese', danach konnt' ich kein Geflügel mehr esse'.
Sie: Das kenn' ich. Ich hab' seit Winnetou III auch keinen Apachen mehr angerührt.
Er: Wie meine' Sie des?
Sie: Als Scherz!?
Er: Ah, des war gut, ja!
Allzuweit her war es mit Maddins "Veganismus", vom Fallobst-Fruktarismus ganz zu schweigen, auch weiterhin nicht. In der (am gleichen Tag ausgestrahlten) nächsten Folge servierte ihm der italienische Kellner "eine große Scholle" statt der bestellten "Gnotschis" (vermutlich aus vom Baum gefallenen Kartoffeln und Eiern). Diese ließ er zurückgehen mit der Begründung: "Aber ich vertrag' keine Scholle."
Nun wäre eine (wenig originelle) Veralberung von "Veganern" nicht unbedingt eine Erwähnung auf vegane-gesellschaft.de wert - wäre es nicht wenige Stunden später auf eben jenem Sender erneut um Veganismus gegangen: Sechserpack, 20. Januar 2008 (Erstsendung 2004, Maddin hätte den Rat bezüglich Einladungen darin also beherzigen können):
Zwei Leute sitzen im Park auf einer Bank, sie ißt etwas aus einer Tüte, er liest Zeitung. Blickkontakt.
Sie (rückt näher): Möchten Sie vielleicht 'n Keks?
Er (kopfschüttelnd): Vielen Dank, ich bin Veganer.
Sie: Nein, da ist ja kein Fleisch drin, das sind ja -
Er: Nein, -
Sie: ... Waffeln.
Er: ... Veganer, nicht Vegetarier. Ich esse gar keine tierischen Produkte, keine Milch, kein Käse, keine Eier, keine Sahne.
Sie: Ach. Also das stell' ich mir aber schwierig vor.
Er: Naja, es erfordert natürlich schon 'ne gewisse Willensstärke. Schauen Sie, in der Mittagspause, da gehe ich zum Beispiel nie mit in die Kantine. Da weiß ja nicht mal der Koch was alles drin ist.
Sie: He, he, wem sagen sie das?
Er: Oder bei Einladungen, da sollte man dem Gastgeber vorher schon 'ne Liste schicken, wo drauf steht, was man will. Naja, und oft verschenken Leute ja Selbstgebackenes. Also wenn das nicht streng vegan ist, dann bin ich aber auch so ehrlich und geb' das wieder zurück.
Sie: Oah, also ich glaub', das könnt' ich nich'.
Er: Naja, ich kann nur sagen, man merkt das sofort.
Sie: Ja?
Er: Ja. Seitdem ich konsequent so lebe, habe ich keine Verstopfung mehr, keine Pickel mehr, keine Kopfschmerzen mehr. Moment, hab' ich irgendwas vergessen ...?
Sie: Mannomann, da müssen Sie aber echt tolerante Freunde haben, was?
Er: Ach ja, das war's. Freunde hab' ich natürlich auch keine mehr. Dafür aber 'nen wirklich tollen Stuhlgang.
Zwar kommt Veganismus dabei wenig überraschend nicht besonders gut weg - die Phase des Ignorierens haben wir hinter uns, mittlerweile sind wir bei den Phasen des Auslachens und der Bekämpfung angekommen, die der des Gewinnens vorausgehen - aber eines ist sicher: die Präsenz des Veganismus im Alltag nimmt stetig zu.
Das Umweltbundesamt (UBA) bestätigt:
"Die rechnerisch einfachste Lösung wäre, wenn alle Menschen sich ab sofort vegan ernähren würden."
Zwar bezieht sich das nicht auf tierrechtsethische Fragen oder Antispeziesismus, sondern Klimaschutz (weil "Die Abgase einer einzigen Milchkuh [...] in etwa so klimaschädlich wie die eines Kleinwagens, der 18.000 Kilometer im Jahr gefahren werde" seien, Stichwort Treibhausgase, v.a. Lachgas auf Gülle und Methan aus dem Verdauungsprozeß von Rindern), und der hier von Spiegel online zitierte "UBA-Experte" Dietrich Schulz behauptet sogleich abschwächend, "dass ein Verzicht auf Viehhaltung die Landwirtschaft existentiell bedrohen würde" (weil Veganer sich ohne Landwirtschaft ernähren, indem sie durch die Wälder streifen und an Baumrinden nagen?) - vermutlich wurde ähnlich auch früher die Sklavenhaltung gerechtfertigt - und empfiehlt einen (tödlichen) "Kompromiss", nämlich "die mediterrane Ernährung. Ein Italiener beziehe nur etwa 25 Prozent seiner täglichen Kalorienaufnahme aus tierischen Quellen, die Deutschen dagegen bei 39 Prozent."
Doch daß die zentrale Umweltbehörde der Bundesrepublik Deutschland und somit ein Bundesministerium (das für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, zu dem das UBA gehört) eingesteht, daß Veganismus die beste Lösung für ein Problem ist, wäre noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen.
(Quelle aller Zitate: "WWF fordert Steuer auf Kuh-Abgase", Spiegel online, 05. November 2007)
Auf der Internetseite des "Duden" ist das heutige "Wort des Tages" - Veganismus:
1. Ve|ga|nis|mus, der; -: ethisch motivierte Ablehnung jeglicher Nutzung von Tieren und tierischen Produkten.
Letzten Dienstag (24. April 2007) war in der Frankfurter Rundschau ein halbseitiger Artikel zu lesen, Titel: "Aus Liebe zum Tier". Und tatsächlich war das kein Text über die "radikalen und abgefahrenen Veganer, die nicht mal Milch trinken" sondern es wurde mit vielen Vorurteilen gegenüber Veganismus aufgeräumt, vor allem natürlich, was die angeblich drohenden Mangelerscheiungen angeht. Dazu wurde mit der American Dietic Association eine durchaus seriöse Organisation zitiert, ebenso der deutsche Ernährungswissenschaftler Leitzmann. Die Motive für ein veganes Leben kamen zwar leider viel zu kurz (das meiste war mit dem Titel bereits gesagt ), aber die Aussage des Artikels war ganz klar: vegan zu leben ist möglich und wird von immer mehr Menschen praktiziert. Bleibt zu hoffen, daß diesem Artikel noch viele weitere folgen werden, auch zu den Motiven.
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