Medienberichte, die sich positiv über Veganismus äußern, sind in der Flut der Mangelernährungspropaganda noch immer eher selten, aber immerhin nicht mehr allzu außergewöhnlich.
Wenn aber ein positiver Artikel über Tierrechte und sogar Tierbefreiung mit Sätzen wie
Die Gesetzestexte lesen sich, als hätte sie jemand geschrieben, der Tiere zwar ganz gerne isst, aber niemals mitansehen könnte, wie eines von ihnen stirbt.
Was gebührt dem Tier? So recht scheint sich unsere Gesellschaft nicht entscheiden zu können. Aber auffallend ist, dass sich immer mehr Menschen Gedanken darüber machen, ob es moralisch verantwortbar ist, Tiere massenweise auf brutalste Art zu vernichten, damit an jedem Tag der Woche Fleisch auf dem Tisch steht. [...]
Wer einen Willen zum Leben hat, sollte nicht von anderen Lebewesen getötet werden[...]
Es gibt kein Recht des Menschen an anderen Tieren.[...]
„Sklaverei wird nicht ethisch vertretbarer, indem man die Bedingungen der Sklaven verbessert.“ Es sind solche Sätze, bei denen man schlucken muss. [...]
Denn was sollte begründen, dass Menschen ihrerseits vor Eingriffen in ihre Freiheit und ihr Leben geschützt sind, aber über das Leben anderer Lebewesen frei verfügen dürfen? [...] Wer Schmerz spüren kann, sollte allein deswegen ein Recht auf Leidensfreiheit und auf körperliche und psychische Unversehrtheit haben. Wer zu Todesangst in der Lage ist, einen Willen zum Leben zeigt, hat ein Recht darauf, dass andere Wesen ihm dieses nicht einfach rauben. Zumindest einsichtige Wesen sollten das nicht tun.
in einem Magazin der Bundeszentrale für politische Bildung(!), also einer Behörde des Bundesinnenministeriums, gedruckt wird, ist dies sicher ein deutliches Zeichen, dass wir der der Etablierung einer veganen Gesellschaft ein gutes Stück näher gekommen sind.
Und auch ein weiterer, eher unscheinbarere Satz des Artikels ist in diesem Zusammenhang bemerkenswert:
Szenen wie diese haben Stößer zum radikalen Veganer werden lassen.
Bemerkenswert deshalb, weil der Autor hier irrt: denn vor zwei Jahrzehnten spielten sich "Szenen wie diese", was er und viele andere sich inzwischen nicht mehr vorstellen können, nur im Verborgenen ab - heute dagegen kommt niemand mehr darum herum, das "Wir haben nichts davon gewusst" wird von Tag zu Tag unglaubwürdiger.
Auf immer mehr Verpackungsetiketten finden sich "Vegan-Label", Zeichen, die vegane Produkte kennzeichnen sollen. Dies ist natürlich insofern ein enormer Fortschritt, als es zeigt, daß mehr und mehr Menschen vegan leben, so viele, daß die Hersteller es für nützlich halten, ihnen einen nicht unbeträchtlichen Teil der Verpackung (den sie schließlich auch anderweitig werbewirksam nutzen könnten) zu widmen, da sie sie als ernstzunehmende Zielgruppe erkannt haben. Dem tut es keinen Abbruch, daß es bei vielen dieser Produkte ohnehin vergleichsweise unschwer zu erkennen ist, ob das, was sich da in der Packung befindet, vegan ist, etwa purem Wasser, Reis oder Spinat. Wohl aber, daß sich solche Label (auch, aber wohl nicht nur, das "V-Label" der Europäischen Vegetarier-Union) nur auf den Inhalt, nicht auf die möglicherweise unvegane Verpackung bezieht.
Erfreulicher wäre es allerdings, wenn genau die als vegan gekennzeichneten Produkte auch wirklich vegan wären. Tatsächlich wird nicht nur der Großteil der veganen Produkte bislang nicht entsprechend gekennzeichnet (und das betrifft nicht nur unverpackte Lebensmittel wie Obst und Gemüse), darüberhinaus erhalten auch unvegane Produkte immer wieder fälschlich Vegan-Label. Statt naiver Euphorie angesichts sprießender Vegankennzeichnungen wäre es also angebracht, die Augen aufzumachen.
So hat auch Netto, ein Lebensmitteldiscounter der Edeka-Gruppe, mittlerweile einige seiner Produkte mit einem eigenen "Vegan-Label" (wohl da das "V-Label" respektive die "Veganblume" geschützt sind bzw. Lizenzgebühren kosten) versehen. Unter anderem auch den Weichweizengrieß. Während der Hartweizengrieß (der nur aus Hartweizen besteht und wohl vegan sein dürfte) das Zeichen nicht trägt - vermutlich werden die Verpackungen gerade umgestellt und dies sind noch ältere Packungen - enthält der Weichweizengrieß, wie deutlich ausgezeichnet ist, Molke - ist also entgegen der Kennzeichnung definitiv nicht vegan. Nur sind leider nicht alle unveganen Produkte, die als vegan gekennzeichnet sind, so leicht zu erkennen.
Hier stellt sich also die Frage, wozu solche absurden Kennzeichnungen gut sein sollen. Letztendlich sollte ein V-Label so überflüssig sein wie ein Label, das Zeitschriften am Kiosk als kinderpornofrei kennzeichnet.
[Nachtrag (5. September 2009): Aktuelles hierzu im Veganismusforum, u.a. weitere eindeutig oder potentiell unvegane Produkte mit "Vegan-Label".]
Klimaveganer seien Veganer, die (analog zu Klimavegetariern) nicht aus tierrechtsethischen Gründen keine Tierprodukte konsumieren, sondern dies aus Gründen des Klimaschutzes tun, meint ein Kommentator der Zeit (Maximilian Grosser, "Durch Fleischverzicht die Welt retten", 28. Juli 2008). Hierbei stellt er deutlich heraus, daß auch diesbezüglich Veganismus dem Vegetarismus ethisch haushoch überlegen ist:
Doch der Gedanke an die Rettung der Welt ist wieder da und zwar viel überzeugender als von den militanten Tierschützern. Eine neuer Typ von Fleischverweigerern entsteht: der Klimavegetarier. [...] Ein Fünftel des weltweiten Ausstoßes von Kohlenstoffdioxid geht laut FAO, der Weltagrarorganisation der UN, auf die Viehhaltung zurück, mehr als das Transportwesen zu verursachen vermag.
Knapp 200 Kilogramm des Klimagases CO2 spart der Klimavegetarier im Jahr durch Fleischverzicht. Der Klimaveganer legt noch eins drauf und vermeidet zusätzlich 450 Kilogramm CO2 durch Verzicht auf Milch und Käse nach Studien des Freiburger Öko-Instituts.
Klimavegetarier und -veganer sind hochgradig politisch. Kein Fleisch oder der generelle Verzicht auf tierische Produkte sichert sie nämlich mehrfach ab. Sie treten für den Tierschutz ein, dem Klima tun sie Gutes und sozial gerecht verhalten sich die Klimavegetarier auch. [...] Würden weltweit mehr Menschen auf Fleisch verzichten, müsste auch kein Regenwald für Weideflächen und Futtermittelanbau mehr vernichtet werden.
(a.a.O, meine Hervorhebungen)
Dennoch gibt es neben der fehlenden tierrechtsethischen respektive antispeziesistischen (und somit in der Regel egoistischen) Motivation einen weiteren negativen Aspekt: Zwar könnte die fleischlose Ernährung die Welt laut Klimavegetarier rein theoretisch retten. Doch bislang taugt sie noch nicht zur Weltrevolution. Denn der Fleischkonsum wird weltweit entgegen aller Vernunft steigen. Die indische und chinesische Gesellschaft kommt beispielsweise gerade erst zu Wohlstand und will Fleisch und Käse. [...]
Doch es gibt Hoffnung für den Klimavegetarier: Dass der Preis für Fleisch bald den steigenden Energiepreisen folgt. Dann wird sich bestätigen, dass der jetzige Fleischkonsum nicht mehr haltbar ist. Der Klimavegetarier wird dann ganz von allein zum Vorbild einer neuen Welt.
(a.a.O, meine Hervorhebungen)
Es gibt zahlreiche gesunde Veganer der zweiten Generation, also Menschen, die, da ihre Eltern bereits zum Zeitpunkt der Empfängnis vegan waren, vegan aufwuchsen (auch wenn so manche Pseudoveganer hier ein getrübtes Bild entstehen lassen dürften). Eine Tatsache, die Veganismusgegner gern leugnen - die aber nun schon in der Times nachzulesen ist:
If you would prefer to continue to be vegan, you can do so in the knowledge that there are many examples of healthy “second generation” vegans in this country - in other words, people who are now adults whose mothers and fathers were vegan at their time of conception and who were subsequently raised as vegan infants and children. [...] It is worth remembering that there are plenty of unhealthy omnivorous diets, and that a lot of infants in this country are being raised on diets that are too high in salt, saturated fats and sugars, so if you take your responsibilities seriously to eat a well-balanced vegan diet, you need not feel that you are doing anything wrong.
Amanda Ursell, "Vegan babies", The Times, 16. Juni 2008 (meine Hervorhebungen)
Von Bedeutung ist dabei nicht nur die Existenz lebenslanger Veganer an sich, sondern auch die Tatsache, daß mittlerweile immer mehr Menschen - wie hier die Ernährungsberaterin der konservativen Londoner Times - anerkennen müssen, daß die Erde keine Scheibe ist.
Es gibt immer mehr vegane Restaurants - auch und vor allem in den Medien: meist fiktive Orte der Absonderlichkeit, doch immerhin im allgemeinen Bewußtsein, von Kinderkrimiserien wie Shirley Holmes, die im "Fall der befreiten Tiere" (" The Case of the Liberated Beasts") u.a. in einem veganen Restaurant nach dem Täter sucht bis zu Erwachsenen-Comics wie Paige Braddocks "Jane's World", in der ein Teil der Nebenhandlung hin und wieder ins "Garden of Vegan" führt.
In einer Filiale eines Drogeriemarkts war kürzlich ein merkwürdiges Phänomen zu beobachten: Während es acht Sorten Pflanzenmilch gab - Sojadrink Natur, Calcium, Vanille, Schoko, Soja-Reis-Drink, Reisdrink Natur, Reisdrink Calcium sowie Haferdrink - beschränkte sich Auswahl an Tierausbeutungsmilch auf zwei Sorten: Vollmilch und fettarme.
Nun sind das noch immer zwei zu viel, und dies ist sicher nicht die Regel. In den meisten Geschäften gibt es derzeit wohl immer noch weniger Pflanzen- als Tiermilch, und die Kuhmilch kostete ebensoviel wie bzw. sogar zehn Cent weniger als die günstigste Pflanzenmilch (die Soja-Reis-Milch), während der Preis für Silch, Reis- und Hafermilch fünfzig bis (im Fall der Vanille-Sojamilch) achtzig Cent höher lag. Manche, wie der Discounter Lidl, sind gar im finsteren 20. Jahrhundert steckengeblieben und bieten überhaupt keine entsprechende Alternative zu Drüsensekreten im Tetrapack an. Dennoch: es ist ein Anfang.
Der nicht immer subtile Humor so mancher "Comedy"-Serie mag nicht jeden Geschmack treffen, doch er ist wohl ein interesssanter Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen. Ein bemerkenswertes Beispiel war am 20. Januar 2008 in Sat1 zu sehen. Der "Comedian" Martin Schneider spielte in "Maddin in Love" einen "Tierpfleger" im Zoo(!), inklusive massiver Zoo- und sogar ein wenig Tierversuchspropagana. Maddin war zum Abendessen eingeladen, dabei entspann sich folgender Dialog:
Sie: Möchten Sie vielleicht noch etwas Suppe?
Er: Nee, danke. Ich lass' noch e' bißche' Platz für'n Hauptgang.
...
Sie: Ich hoffe, Sie mögen Filet Stroganoff?
Er: Ja ... also, wenn kein Fleisch dran is'.
Sie: Doch, schon. Filet halt. Also, vom Rind, kein Schwein.
Er: Aber des is' e'n Problem. Weil, ich bin eine besondere Form von Veganer. Ich ess' eigentlich nur Sache', die allein vom Baum gefallen sind [wie etwa o.g. Suppe?, AS]. Weil, Pflücke' is' auch schon Gewalt.
Sie: Also ich hab', ähm, verschiedene Beilagen da, die sind jetzt nicht direkt vom Baum gefallen, aber ...
Er: Des war schon in meiner Kindheit schon so. Da hab' ich mal die Geschichte von Nils Holgersson und die Wildgänse gelese', danach konnt' ich kein Geflügel mehr esse'.
Sie: Das kenn' ich. Ich hab' seit Winnetou III auch keinen Apachen mehr angerührt.
Er: Wie meine' Sie des?
Sie: Als Scherz!?
Er: Ah, des war gut, ja!
Allzuweit her war es mit Maddins "Veganismus", vom Fallobst-Fruktarismus ganz zu schweigen, auch weiterhin nicht. In der (am gleichen Tag ausgestrahlten) nächsten Folge servierte ihm der italienische Kellner "eine große Scholle" statt der bestellten "Gnotschis" (vermutlich aus vom Baum gefallenen Kartoffeln und Eiern). Diese ließ er zurückgehen mit der Begründung: "Aber ich vertrag' keine Scholle."
Nun wäre eine (wenig originelle) Veralberung von "Veganern" nicht unbedingt eine Erwähnung auf vegane-gesellschaft.de wert - wäre es nicht wenige Stunden später auf eben jenem Sender erneut um Veganismus gegangen: Sechserpack, 20. Januar 2008 (Erstsendung 2004, Maddin hätte den Rat bezüglich Einladungen darin also beherzigen können):
Zwei Leute sitzen im Park auf einer Bank, sie ißt etwas aus einer Tüte, er liest Zeitung. Blickkontakt.
Sie (rückt näher): Möchten Sie vielleicht 'n Keks?
Er (kopfschüttelnd): Vielen Dank, ich bin Veganer.
Sie: Nein, da ist ja kein Fleisch drin, das sind ja -
Er: Nein, -
Sie: ... Waffeln.
Er: ... Veganer, nicht Vegetarier. Ich esse gar keine tierischen Produkte, keine Milch, kein Käse, keine Eier, keine Sahne.
Sie: Ach. Also das stell' ich mir aber schwierig vor.
Er: Naja, es erfordert natürlich schon 'ne gewisse Willensstärke. Schauen Sie, in der Mittagspause, da gehe ich zum Beispiel nie mit in die Kantine. Da weiß ja nicht mal der Koch was alles drin ist.
Sie: He, he, wem sagen sie das?
Er: Oder bei Einladungen, da sollte man dem Gastgeber vorher schon 'ne Liste schicken, wo drauf steht, was man will. Naja, und oft verschenken Leute ja Selbstgebackenes. Also wenn das nicht streng vegan ist, dann bin ich aber auch so ehrlich und geb' das wieder zurück.
Sie: Oah, also ich glaub', das könnt' ich nich'.
Er: Naja, ich kann nur sagen, man merkt das sofort.
Sie: Ja?
Er: Ja. Seitdem ich konsequent so lebe, habe ich keine Verstopfung mehr, keine Pickel mehr, keine Kopfschmerzen mehr. Moment, hab' ich irgendwas vergessen ...?
Sie: Mannomann, da müssen Sie aber echt tolerante Freunde haben, was?
Er: Ach ja, das war's. Freunde hab' ich natürlich auch keine mehr. Dafür aber 'nen wirklich tollen Stuhlgang.
Zwar kommt Veganismus dabei wenig überraschend nicht besonders gut weg - die Phase des Ignorierens haben wir hinter uns, mittlerweile sind wir bei den Phasen des Auslachens und der Bekämpfung angekommen, die der des Gewinnens vorausgehen - aber eines ist sicher: die Präsenz des Veganismus im Alltag nimmt stetig zu.
Das Umweltbundesamt (UBA) bestätigt:
"Die rechnerisch einfachste Lösung wäre, wenn alle Menschen sich ab sofort vegan ernähren würden."
Zwar bezieht sich das nicht auf tierrechtsethische Fragen oder Antispeziesismus, sondern Klimaschutz (weil "Die Abgase einer einzigen Milchkuh [...] in etwa so klimaschädlich wie die eines Kleinwagens, der 18.000 Kilometer im Jahr gefahren werde" seien, Stichwort Treibhausgase, v.a. Lachgas auf Gülle und Methan aus dem Verdauungsprozeß von Rindern), und der hier von Spiegel online zitierte "UBA-Experte" Dietrich Schulz behauptet sogleich abschwächend, "dass ein Verzicht auf Viehhaltung die Landwirtschaft existentiell bedrohen würde" (weil Veganer sich ohne Landwirtschaft ernähren, indem sie durch die Wälder streifen und an Baumrinden nagen?) - vermutlich wurde ähnlich auch früher die Sklavenhaltung gerechtfertigt - und empfiehlt einen (tödlichen) "Kompromiss", nämlich "die mediterrane Ernährung. Ein Italiener beziehe nur etwa 25 Prozent seiner täglichen Kalorienaufnahme aus tierischen Quellen, die Deutschen dagegen bei 39 Prozent."
Doch daß die zentrale Umweltbehörde der Bundesrepublik Deutschland und somit ein Bundesministerium (das für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, zu dem das UBA gehört) eingesteht, daß Veganismus die beste Lösung für ein Problem ist, wäre noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen.
(Quelle aller Zitate: "WWF fordert Steuer auf Kuh-Abgase", Spiegel online, 05. November 2007)
Auf der Internetseite des "Duden" ist das heutige "Wort des Tages" - Veganismus:
1. Ve|ga|nis|mus, der; -: ethisch motivierte Ablehnung jeglicher Nutzung von Tieren und tierischen Produkten.
Während dank massiver Subventionen für Tierausbeutungsprodukte (ohne diese würde ein Liter Drüsensekret im Laden ein Vielfaches der Pflanzenmilch kosten) den ethisch Minderbemittelten zugutekommt, bahnt sich in den Niederlanden zumindest in einem Teilbereich eine Wende an. Mit der dortigen Gesundheitsreform Anfang des Jahres gibt es nun zunehmen Spezialpolicen für Menschen, die gesund leben. Die Pflichtversicherung (private wurden abgeschafft) ist somit für Konsumenten diverser legaler Drogen und eben Leichenfresser höher. Begründet wird das ganze mit Statistiken, wonach Vegetarier, Nichtraucher und Nichttrinker gesundheitsbewusster leben, weniger häufig krank sind und daher auch weniger oft einen Arzt aufsuchen. Geplant ist die Ausgabe so genannter kollektiver Versicherungspolicen - etwa der "Vegapolice" - für die genannten Bevölkerungsgruppen. Ihre Prämien sollen um bis zu zehn Prozent niedriger sein als die gewöhnlicher Krankenversicherungen.
Natürlich bleiben die Gesundheitsgefahren durch Milch, Eier und Honig - von Ehec bis zum plötzlichen Kindstod - noch außen vor, von ethischen Aspekten ganz zu schweigen. Aber immerhin wird dort bald niemand mehr Körperfressen als gesund bezeichen können, ohne sich völlig der Lächerlichkeit preiszugeben.
Derzeit setzen die Anbieter der geplanten Sonderversicherungen naiverweise noch auf die Ehrlichkeit der Menschen. Sollte sich - wenig überraschend - mit der Zeit aber herausstellen, daß sich Drogen- oder Leichenkonsumenten widerrechtlich die günstigeren Krankenversicherungstarife erschleichen wollen, indem sie über ihr wahres Konsumverhalten falsche Angaben machen, dann planen die Versicherer als Gegenmaßnahm Bluttests vor der Aufnahme.
(Quelle: "Für Vegetarier wird die Versicherung billiger", Stuttgarter Zeitung, 19. 09. 2006)
Vegetarier sind Mörder - dieses Schlagwort bringt das, was unvegan lebende Vegetarier Vögeln ihrer Eier, Säugetieren ihrer Milch wegen antun, auf den Punkt (vgl. den Artikel " Vegetarier sind Mörder", der nun schon seit über vier Jahren Menschen den Anstoß gibt, vegan zu werden, sowie die Internetseite www.vegetarier-sind-moerder.de).
Was einmal gedacht wurde, kann nicht mehr ungedacht gemacht werden - und so verbreitet sich diese Erkenntnis immer weiter. Kürzlich etwa in einem Artikel über vegane Gothics in einem Musikmagazin:
"Vegetarier sind Mörder [...] Im Gegensatz zu Fleischfressern verstecken sie sich nicht einmal hinter selbstverordneter Ignoranz oder kindlichen Dummheit. Sie befriedigen ihr Gewissen durch den Verzicht auf Fleisch, konsumieren aber weiterhin Produkte wie Leder, Wolle, Milch und Käse, die ebenfalls auf den Tod der zur Gewinnung ausgenutzen Tiere hinauslaufen [...] Veganismus bedeutet Widerstand!"
Alexander Kaschte ("Samsas Traum"), "Schattendasein: Vegane & vegetarische Gothics (Teil 2)"
(Zillo, September 2006, S. 91)
Die falsche Dichotomie, bei der die Nichtvegetarier auf der einen und die Vegetarier und Veganer gemeinsam auf der anderen Seite stehen und an einem Strang ziehen, bröckelt. Die Tatsache, daß Vegetarier auf der falschen Seite stehen, auf der der Tierausbeuter nämlich, derjenigen, die Tiere gefangenhalten, mißhandeln und umbringen, läßt sich immer weniger unter den blutbesudelten Eßtisch kehren.
Es stinkt zum Himmel. Selbst auf der Autobahn ist es häufig nicht zu überriechen - was gern als "Düngung" verkauft wird, das Ausbringen von Gülle auf Felder, ist überwiegend Entsorgung, und das mit fatalen ökologischen Folgen etwa für Gewässer und nicht zuletzt das Grundwasser. Schon jetzt wird nach neuen Möglichkeiten gesucht, Scheiße zu Gold zu machen, etwa durch Entwicklung von Aromastoffen aus Exkrementen; und die Ausbreitung der "Vogelgrippe", die erst vor kurzem zu einer Pandemiehysterie geführt hat, wurde nicht etwa durch Zugvögel, sondern primär neben dem Verdealen von Leichen durch den Handel mit Hühnerkot verursacht.
Bemerkenswerterweise wird Veganern einerseits vorgeworfen, das (in der heutigen unveganen Gesellschaft kaum vermeidbare) jauche- oder güllegedüngte Gemüse zu konsumieren, andererseits behauptet, ohne Tierausbeutung gäbe es keine Möglichkeit zu düngen (alternativ: keine Möglichkeit, ohne den "bösen Kunstdünger" auszukommen).
Lassen wir Hobbygärtner, die dem Gießwasser gern einmal Eigenurin zusetzen, beiseite; lassen wir die Frage, inwiefern das Einsammeln von Guano Vögeln grundsätzlich schadet - inzwischen sind durch den Guanoraubbau bereits ganze Pinguinspezies bedroht, und eine Kormoranart der Gattung Phalacrocorax heißt sogar offiziell "Guanokormoran" - ebenfalls beiseite, zumal sowohl Eigenurin als auch Guano weniger für landwirtschaftliche Großproduktion als für Hinterhofrabatten relevant ist (auch wenn Guano - übrigens trotz des Ursprungs ein Kunstdünger - wohl im 19. Jahrhundert eine andere Rolle spielte). Und lassen wir auch dahingestellt, ob sämtliche (veganen) "Kunstdünger" wirklich so viel schädlicher sind als Gülle, wobei die unterschiedlichsten Kunstdünger, also synthetisch hergestellte Dünger, organische wie mineralische, bereits jetzt, ganz ohne antispeziesistischen Hintergrund, massiv in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Ähnlich wird ja auch bezüglich "Leder" pseudoargumentiert, das in Wahrheit, ganz unabhängig von tierrechtsethischen Aspekten, ökologisch um ein vielfaches schädlicher ist als das Material für Schuhe aus Synthetik, von denen ebenfalls nur die wenigsten explizit für Veganer produziert werden.
Natürlich ist es entgegen der Leute mit Gülle im Kopf sehr wohl problemlos möglich, ohne Jauche um sich zu schütten, und auch ohne Hornspäne und Knochen- oder Blutmehl (die zwar nicht aus ethischen Gründen, sondern wegen BSE zumindest hierzulande mittlerweile obsolet sind), mehr als ausreichende Ernteerträge zu erzielen. Neben dem bereits beginnenden Wiederauferstehen etwa von Fruchtwechsel, Brache (schließlich wird in einer veganen Gesellschaft nur ein Bruchteil des Ackerland benötigt, da der um ein vielfaches höhere Anbau von "Futter"-Soja, -Mais, -Getreide usw. entfällt), Gründüngung (also Aussaat und Unterbringung von noch grünen Pflanzen, um den Boden mit Humus und Pflanzennährstoffen, insbesondere Stickstoff, anzureichern.) Pflanzenjauche (z.B. aus Brennesseln), Algensaft usw. spielen hier auch neuere wissenschaftliche Entwicklungen eine wesentliche Rolle.
Der Wissenschaft sei dank geht es inzwischen vielfach gar ganz ohne Dünger: Bradyrhizobium japonicum ist ein Bakterium, mit dem sich das Chlorophyll gierig den Stickstoff aus der Luft holt. Ein Bakterium, das wächst und wächst. In Verbindung mit Soja können so dieselben Erträge wie bisher erzielt werden – ohne ein Gramm Dünger zu benutzen. Mittlerweile wird versucht, den Wachstumsbeschleuniger von Soja, der bereits jetzt in Brasilien jährlich Dünger im Wert von 2,5 Milliarden Dollar ersetzt, auf die Reis- und Zuckerrohrplantagen zu übertragen (siehe "Der Ernährer der Welt").
Wenn es um Mist und Veganismus geht, kommt fast unausweichlich auch das Thema Champignons auf. Wiesenchampignons wachsen heute wohl überwiegend durch Kuhfladen auf Weiden, morgen werden sie wieder eher dank Dung von Bambis unausgebeuteten und ihres Lebens sicheren Enkeln gedeihen: ohne Jagd und somit ohne Jagddruck werden die von Jägern zum "Rotwild" degradierten Tiere wieder ihren ursprünglichen Lebensraum besetzen und den Wald verlassen; was als Nebeneffekt die ach so schrecklichen "Verbißschäden" an Bäumen, die den Ballermännern gern als Rechtfertigung für ihre Mordlust dienen, signifikant reduzieren dürfte. Zuchtchampignons dagegen können bereits seit einiger Zeit, auf Strohballen statt Hühnerkot und Pferdemist kultiviert werden.
Auch wenn heute noch (fast) alles, was den Bauern zum Thema Düngung einfällt, Mist ist - in Zukunft wird alles anders sein. Vegan.
Der Londoner Leo Hickman versuchte, ein Jahr ökologisch korrekt zu leben. Dafür ließ er sich von einer Bio-Expertin, einem Umweltschützer und einer Verbraucherrechtlerin erklären, wie man sich gesund ernährt, sparsam mit Ressourcen umgeht und welche Konzerne zu boykottieren sind: die Familie fuhr mit dem Zug in den Urlaub statt zu fliegen, das Baby wurde mit Stoff- statt Wegwerfwindeln gewickelt usw. Als Ergebnis entstand das Buch "Fast nackt - Mein abenteuerlicher Versuch, ethisch korrekt zu leben". Zwar antwortet er auf die Frage, ob es irgendetwas gäbe, was er auf keinen Fall aufgeben wolle:
"Fleisch, obwohl einer der Berater der Ansicht war, dass man nur als Veganer wirklich ethisch leben könnte."
"Ich wasche die Windeln unserer Tochter. Kein angenehmer Job", Welt am Sonntag, 13. August 2006
Doch mit seiner Antwort gesteht er ein, daß es lediglich an seinem Willen, ethisch korrekt zu leben, mangelt. Wobei die ethische Korrektheit in diesem Kontext ausschließlich auf ökologische Aspekte beschränkt ist - Veganer leben nuneinmal automatisch wesentlich ressourcenschonender als Unveganer -, während die weit schwerer wiegenden tierrechtsethischen Aspekte völlig ausgeklammert bleiben.
Gut, dass wir darüber geredet haben, es war nicht unspannend, und ein veganer Eintopf ist etwas Leckeres.
"Eintopf der Klassenlosen", taz Berlin lokal vom 26.7.2006
So faßt Andreas Hartmann seine Eindrücke über eine Veranstaltung zum Thema "Science-Fiction und Anarchismus" zusammen, in der es u.a. um Ursula K. Le Guins "Planet der Habenichtse" und "Planet des Ungehorsams" von Eric Frank Russel ging, beides anarchistische Fiktionen aus den Jahren 1974 bzw. 1953.
Daß in der taz, die sonst eher dann von Veganern ohne Häme spricht, wenn es sich um Las Veganer handelt, veganes Essen - ohne Ironie - als lecker bezeichnet wird, ist immerhin ein kleiner Fortschritt.
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