Während dank massiver Subventionen für Tierausbeutungsprodukte (ohne diese würde ein Liter Drüsensekret im Laden ein Vielfaches der Pflanzenmilch kosten) den ethisch Minderbemittelten zugutekommt, bahnt sich in den Niederlanden zumindest in einem Teilbereich eine Wende an. Mit der dortigen Gesundheitsreform Anfang des Jahres gibt es nun zunehmen Spezialpolicen für Menschen, die gesund leben. Die Pflichtversicherung (private wurden abgeschafft) ist somit für Konsumenten diverser legaler Drogen und eben Leichenfresser höher. Begründet wird das ganze mit Statistiken, wonach Vegetarier, Nichtraucher und Nichttrinker gesundheitsbewusster leben, weniger häufig krank sind und daher auch weniger oft einen Arzt aufsuchen. Geplant ist die Ausgabe so genannter kollektiver Versicherungspolicen - etwa der "Vegapolice" - für die genannten Bevölkerungsgruppen. Ihre Prämien sollen um bis zu zehn Prozent niedriger sein als die gewöhnlicher Krankenversicherungen.
Natürlich bleiben die Gesundheitsgefahren durch Milch, Eier und Honig - von Ehec bis zum plötzlichen Kindstod - noch außen vor, von ethischen Aspekten ganz zu schweigen. Aber immerhin wird dort bald niemand mehr Körperfressen als gesund bezeichen können, ohne sich völlig der Lächerlichkeit preiszugeben.
Derzeit setzen die Anbieter der geplanten Sonderversicherungen naiverweise noch auf die Ehrlichkeit der Menschen. Sollte sich - wenig überraschend - mit der Zeit aber herausstellen, daß sich Drogen- oder Leichenkonsumenten widerrechtlich die günstigeren Krankenversicherungstarife erschleichen wollen, indem sie über ihr wahres Konsumverhalten falsche Angaben machen, dann planen die Versicherer als Gegenmaßnahm Bluttests vor der Aufnahme.
(Quelle: "Für Vegetarier wird die Versicherung billiger", Stuttgarter Zeitung, 19. 09. 2006)
Vegetarier sind Mörder - dieses Schlagwort bringt das, was unvegan lebende Vegetarier Vögeln ihrer Eier, Säugetieren ihrer Milch wegen antun, auf den Punkt (vgl. den Artikel " Vegetarier sind Mörder", der nun schon seit über vier Jahren Menschen den Anstoß gibt, vegan zu werden, sowie die Internetseite www.vegetarier-sind-moerder.de).
Was einmal gedacht wurde, kann nicht mehr ungedacht gemacht werden - und so verbreitet sich diese Erkenntnis immer weiter. Kürzlich etwa in einem Artikel über vegane Gothics in einem Musikmagazin:
"Vegetarier sind Mörder [...] Im Gegensatz zu Fleischfressern verstecken sie sich nicht einmal hinter selbstverordneter Ignoranz oder kindlichen Dummheit. Sie befriedigen ihr Gewissen durch den Verzicht auf Fleisch, konsumieren aber weiterhin Produkte wie Leder, Wolle, Milch und Käse, die ebenfalls auf den Tod der zur Gewinnung ausgenutzen Tiere hinauslaufen [...] Veganismus bedeutet Widerstand!"
Alexander Kaschte ("Samsas Traum"), "Schattendasein: Vegane & vegetarische Gothics (Teil 2)"
(Zillo, September 2006, S. 91)
Die falsche Dichotomie, bei der die Nichtvegetarier auf der einen und die Vegetarier und Veganer gemeinsam auf der anderen Seite stehen und an einem Strang ziehen, bröckelt. Die Tatsache, daß Vegetarier auf der falschen Seite stehen, auf der der Tierausbeuter nämlich, derjenigen, die Tiere gefangenhalten, mißhandeln und umbringen, läßt sich immer weniger unter den blutbesudelten Eßtisch kehren.
Es stinkt zum Himmel. Selbst auf der Autobahn ist es häufig nicht zu überriechen - was gern als "Düngung" verkauft wird, das Ausbringen von Gülle auf Felder, ist überwiegend Entsorgung, und das mit fatalen ökologischen Folgen etwa für Gewässer und nicht zuletzt das Grundwasser. Schon jetzt wird nach neuen Möglichkeiten gesucht, Scheiße zu Gold zu machen, etwa durch Entwicklung von Aromastoffen aus Exkrementen; und die Ausbreitung der "Vogelgrippe", die erst vor kurzem zu einer Pandemiehysterie geführt hat, wurde nicht etwa durch Zugvögel, sondern primär neben dem Verdealen von Leichen durch den Handel mit Hühnerkot verursacht.
Bemerkenswerterweise wird Veganern einerseits vorgeworfen, das (in der heutigen unveganen Gesellschaft kaum vermeidbare) jauche- oder güllegedüngte Gemüse zu konsumieren, andererseits behauptet, ohne Tierausbeutung gäbe es keine Möglichkeit zu düngen (alternativ: keine Möglichkeit, ohne den "bösen Kunstdünger" auszukommen).
Lassen wir Hobbygärtner, die dem Gießwasser gern einmal Eigenurin zusetzen, beiseite; lassen wir die Frage, inwiefern das Einsammeln von Guano Vögeln grundsätzlich schadet - inzwischen sind durch den Guanoraubbau bereits ganze Pinguinspezies bedroht, und eine Kormoranart der Gattung Phalacrocorax heißt sogar offiziell "Guanokormoran" - ebenfalls beiseite, zumal sowohl Eigenurin als auch Guano weniger für landwirtschaftliche Großproduktion als für Hinterhofrabatten relevant ist (auch wenn Guano - übrigens trotz des Ursprungs ein Kunstdünger - wohl im 19. Jahrhundert eine andere Rolle spielte). Und lassen wir auch dahingestellt, ob sämtliche (veganen) "Kunstdünger" wirklich so viel schädlicher sind als Gülle, wobei die unterschiedlichsten Kunstdünger, also synthetisch hergestellte Dünger, organische wie mineralische, bereits jetzt, ganz ohne antispeziesistischen Hintergrund, massiv in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Ähnlich wird ja auch bezüglich "Leder" pseudoargumentiert, das in Wahrheit, ganz unabhängig von tierrechtsethischen Aspekten, ökologisch um ein vielfaches schädlicher ist als das Material für Schuhe aus Synthetik, von denen ebenfalls nur die wenigsten explizit für Veganer produziert werden.
Natürlich ist es entgegen der Leute mit Gülle im Kopf sehr wohl problemlos möglich, ohne Jauche um sich zu schütten, und auch ohne Hornspäne und Knochen- oder Blutmehl (die zwar nicht aus ethischen Gründen, sondern wegen BSE zumindest hierzulande mittlerweile obsolet sind), mehr als ausreichende Ernteerträge zu erzielen. Neben dem bereits beginnenden Wiederauferstehen etwa von Fruchtwechsel, Brache (schließlich wird in einer veganen Gesellschaft nur ein Bruchteil des Ackerland benötigt, da der um ein vielfaches höhere Anbau von "Futter"-Soja, -Mais, -Getreide usw. entfällt), Gründüngung (also Aussaat und Unterbringung von noch grünen Pflanzen, um den Boden mit Humus und Pflanzennährstoffen, insbesondere Stickstoff, anzureichern.) Pflanzenjauche (z.B. aus Brennesseln), Algensaft usw. spielen hier auch neuere wissenschaftliche Entwicklungen eine wesentliche Rolle.
Der Wissenschaft sei dank geht es inzwischen vielfach gar ganz ohne Dünger: Bradyrhizobium japonicum ist ein Bakterium, mit dem sich das Chlorophyll gierig den Stickstoff aus der Luft holt. Ein Bakterium, das wächst und wächst. In Verbindung mit Soja können so dieselben Erträge wie bisher erzielt werden – ohne ein Gramm Dünger zu benutzen. Mittlerweile wird versucht, den Wachstumsbeschleuniger von Soja, der bereits jetzt in Brasilien jährlich Dünger im Wert von 2,5 Milliarden Dollar ersetzt, auf die Reis- und Zuckerrohrplantagen zu übertragen (siehe "Der Ernährer der Welt").
Wenn es um Mist und Veganismus geht, kommt fast unausweichlich auch das Thema Champignons auf. Wiesenchampignons wachsen heute wohl überwiegend durch Kuhfladen auf Weiden, morgen werden sie wieder eher dank Dung von Bambis unausgebeuteten und ihres Lebens sicheren Enkeln gedeihen: ohne Jagd und somit ohne Jagddruck werden die von Jägern zum "Rotwild" degradierten Tiere wieder ihren ursprünglichen Lebensraum besetzen und den Wald verlassen; was als Nebeneffekt die ach so schrecklichen "Verbißschäden" an Bäumen, die den Ballermännern gern als Rechtfertigung für ihre Mordlust dienen, signifikant reduzieren dürfte. Zuchtchampignons dagegen können bereits seit einiger Zeit, auf Strohballen statt Hühnerkot und Pferdemist kultiviert werden.
Auch wenn heute noch (fast) alles, was den Bauern zum Thema Düngung einfällt, Mist ist - in Zukunft wird alles anders sein. Vegan.
Der Londoner Leo Hickman versuchte, ein Jahr ökologisch korrekt zu leben. Dafür ließ er sich von einer Bio-Expertin, einem Umweltschützer und einer Verbraucherrechtlerin erklären, wie man sich gesund ernährt, sparsam mit Ressourcen umgeht und welche Konzerne zu boykottieren sind: die Familie fuhr mit dem Zug in den Urlaub statt zu fliegen, das Baby wurde mit Stoff- statt Wegwerfwindeln gewickelt usw. Als Ergebnis entstand das Buch "Fast nackt - Mein abenteuerlicher Versuch, ethisch korrekt zu leben". Zwar antwortet er auf die Frage, ob es irgendetwas gäbe, was er auf keinen Fall aufgeben wolle:
"Fleisch, obwohl einer der Berater der Ansicht war, dass man nur als Veganer wirklich ethisch leben könnte."
"Ich wasche die Windeln unserer Tochter. Kein angenehmer Job", Welt am Sonntag, 13. August 2006
Doch mit seiner Antwort gesteht er ein, daß es lediglich an seinem Willen, ethisch korrekt zu leben, mangelt. Wobei die ethische Korrektheit in diesem Kontext ausschließlich auf ökologische Aspekte beschränkt ist - Veganer leben nuneinmal automatisch wesentlich ressourcenschonender als Unveganer -, während die weit schwerer wiegenden tierrechtsethischen Aspekte völlig ausgeklammert bleiben.
Ja, und das gleich im doppelten Sinn - so kam vor einigen Wochen im Fernsehen ein Bericht über Lopino, den Anbau der Lupine, die Produktion von Lopino und wo Lupinenprodukte überall Verwendung finden, so z.B. längst nicht mehr nur in "Nutztierfutter" (ist eben ein super Eiweißlieferant), sondern für die menschliche Ernährung direkt: als Lupinenquarkmasse (Lopino) oder Mehl in Backwaren, die dadurch besonders aufgewertet werden sollen. Im Bericht war gar vom "Tofu des Nordens" die Rede.
Wenig später entdeckte ich erst in einem Alnatura-Supermarkt (Bio-Supermarkt) und tags drauf in einem Tegut ("normaler" Supermarkt) Lopino im Kühlregal zwischen Tofu und Co. Bis dato konnte man Lopino nur vereinzelt in Reformhäusern oder Bioläden finden, in "meinem" Reformhaus mußte ich ihn sogar bestellen lassen... Doch durch Fernsehen und größere Verbreitung werden die Leute nun mit einer weiteren leckeren veganen Eiweißquelle bekannt gemacht, was die Zahl derer, die der Meinung sind, als Veganer könne man "ja nichts mehr essen" oder zumindest werde man mit Sicherheit "Eiweißmangel bekommen", wieder etwas reduzieren dürfte.
Gut, dass wir darüber geredet haben, es war nicht unspannend, und ein veganer Eintopf ist etwas Leckeres.
"Eintopf der Klassenlosen", taz Berlin lokal vom 26.7.2006
So faßt Andreas Hartmann seine Eindrücke über eine Veranstaltung zum Thema "Science-Fiction und Anarchismus" zusammen, in der es u.a. um Ursula K. Le Guins "Planet der Habenichtse" und "Planet des Ungehorsams" von Eric Frank Russel ging, beides anarchistische Fiktionen aus den Jahren 1974 bzw. 1953.
Daß in der taz, die sonst eher dann von Veganern ohne Häme spricht, wenn es sich um Las Veganer handelt, veganes Essen - ohne Ironie - als lecker bezeichnet wird, ist immerhin ein kleiner Fortschritt.
[Baden war] Brutstätte revolutionärer Ideen, Heimat so großer Radikaler wie Karl-Peter Heinzen und Gustav Struve. Über den Vegetarismus des Letzteren machte sich Alexander Herzen in seinen Memoiren lustig und zitierte ihn mit dem Satz: "Wissen Sie nicht, dass ein Mensch, der sich ausschließlich vegetarisch ernährt, seinen Leib in einem solchen Maße reinigt, dass er nach seinem Tode überhaupt nicht riecht?"
So schräg diese Begründung Struves ist, so beachtlich doch die Leistung, sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts fleischlos zu ernähren. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie schwer es 1988 im Sauerland war. Bittere Auberginen und Blicke wie Fleischermesser von Kellnern, die man um Gemüse bat, waren an der Tagesordnung.
Jens Friebe, "Inmitten begehbarer Musik vom eigenen Schoßhund zerfleischt", taz Berlin lokal vom 1. August 2006
Nicht nur die Bitterstoffe in Auberginen sind mittlerweile weggezüchtet. Die Redewendung "treulose Tomaten" stammt aus dem ersten Weltkrieg und bezeichnete (zunächst verbündete, dann abfallende) Italiener: in Deutschland gelang es nämlich erst später, Tomaten zu kultivieren. Was für Vegetarismus gilt, gilt in diesem Fall erst recht für Veganismus: all denjenigen, die heutzutage ernsthaft und realitätsverkennd jammern, es sei "schwer", vegan zu leben, wäre zu wünschen, sie würden einmal durch ein Zeitloch ein paar Jahrzehnte oder auch nur Jahre in die Vergangenheit fallen.
Während Hannibal noch Elefanten ausbeutete, um die Alpen zu überqueren, Kolumbus in seiner Jugend kein Kartoffelpüree aß und ich, als ich vegan wurde, zig Kilometer fahren mußte, um für sechs Mark eine Flasche Sojamilch zu bekommen, gibt es mittlerweile alle möglichen Sorten Pflanzenmilch an jeder Ecke, Tofu nicht nur im fernen Asien, Lopino im Supermarkt und selbst vegane Convenience-Produkte wie etwa Seitanwurst nicht nur in Spezialversänden für Nischenzielgruppen.
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